kompetenz wasser Heft 28 Dezember 2019

Inhalt Editorial Otto Schaaf, Dipl.-Ing., Vorstand StEB Köln 3 4 Die Zukunft im Blick — Die StEB Köln haben eine Klimaschutz- und Energievision 2030 erarbeitet Meike Bücker-Gittel, Simone Kraus, Sylvia Silano, alle StEB Köln 9 Wasser und Grün in der Stadt von morgen — Wie die StEB Köln ihr Engage- ment in der Klimafolgenanpassung intensivieren Marc Daniel Heintz, Lea Steyer, Rafael Vedder, alle StEB Köln 12 Das Rheinland setzt auf Kooperation — Auf dem Weg zu einer öffentlichen Lösung in der Klärschlammentsorgung Jörn Kleimann, StEB Köln 14 Heinzelmann im Einsatz — Ein Beispiel für den Stollenbau in der Kölner Innenstadt 16 Wie die Qualität bei Kurzlinern gesichert werden kann — Köln setzt seit mehr Martin Frieser, Jürgen Werker, beide StEB Köln als zehn Jahren auf den Einsatz von Kurzlinern in der Kanalreparatur Thorsten Fuhrmann, Caroline Körner, beide StEB Köln 19 Gemeinsam für die biologische Vielfalt — Die StEB Köln sind Partner eines vorbildlichen Projekts zum Erhalt der Wechselkröte im Kölner Raum Thomas Ziegler, Ruth Dieckmann, Christian Niggemann, Anna Rauhaus, alle Zoo Köln; Elmar Schmidt, NABU Lev.-Köln; Miguel Vences, TU Braunschweig 24 »Hand in Hand« für mehr Planungssicherheit — Ein Zwischenbericht zur stadt- weiten Koordinierung von Baumaßnahmen in Köln aus Sicht der StEB Köln Zdenko Katicic, Sandra Maiwald, beide StEB Köln 26 Die Vierte Reinigungsstufe — Die StEB Köln testen Verfahren zur Reduzierung von Spurenstoffen in Gewässern Manuel Hartenberger, StEB Köln 29 Weniger Verschwendung, mehr Efﬁ zienz — Mit Lean Construction wollen die StEB Köln Planungsabläufe in Bauprojekten verbessern, ein Gespräch mit Jürgen Becker, StEB Köln; Manfred Kasper, Journalist 30 Eine neue Ära der Kommunikation — Das Social Intranet als zukünftige Platt- form für vernetztes Arbeiten bei den StEB Köln Stefan Sonntag, StEB Köln 32 Mehr Raum für die Nachklärung — Im Großklärwerk Köln-Stammheim wird die Schwachlaststufe ausgebaut, um die Kapazitäten der Nachklärung zu erhöhen Michael Snoek, StEB Köln 34 Nur das Beste für den Nachwuchs — Die neue Ausbildungswerkstatt in Köln- Merheim bietet Vorteile für alle Beteiligten Alexander Lambio, Mariola Schmid, beide StEB Köln 36 Mit neuem Namen in die Zukunft — Wie aus dem Regionalforum Rhein-Erft- Sieg das Abwassernetzwerk Rheinland wurde Jutta Lenz, StEB Köln 38 Wenn Kostensenkung und Klimaschutz zusammenspielen — Das Forschungspro- jekt SEKIS verbessert die Abbauleistung der Schlammfaulung auf Kläranlagen — nun liegen erste Ergebnisse vor Inka Hobus, Gerd Kolisch, beide WiW mbH; Thomas Klein, StEB Köln, Lothar Klauke, Manfred Lübken, Edith Nettmann, Marc Wichern, alle Ruhr-Univ.-Bo- chum 41 Aktuelle Meldungen Impressum Herausgeber: Stadtentwässerungs- betriebe Köln, AöR (StEB Köln) Ostmerheimer Straße 555 51109 Köln (Merheim) Telefon 0221 221–2 89 41 Fax 0221 221– 6 62 89 41 www.steb-koeln.de Redaktion: Büro für Journalismus und PR Manfred Kasper StEB Köln-Unternehmenskommunika- tion, v.i.S.d.P. Birgit Konopatzki Gestaltung: Dr. Andreas Pohlmann, Bergheim Realisation: Manfred Kasper, Büro für Journalis- mus und PR, Köln Bildnachweis: Abwassernetzwerk Rheinland; Constantin Ehrchen; Sabine Grothues; Peter Jost; must Städtebau; StEB Köln; Anna Rauhaus, Elmar Schmidt, Thomas Ziegler, Zoo Köln ISSN: 1863-7035 Titelbild: Peter Jost 2

Liebe Leserinnen und Leser, die Aufgaben der StEB Köln sind sehr facettenreich und decken ein weites Spektrum des Wasserkreislaufs ab. Diese Vielfalt wollen wir auch in der aktuellen Ausgabe der kompetenz wasser sichtbar machen. Über allen Aktivitäten steht dabei unser Anspruch, als nachhaltiges Unternehmen zu agieren — zum Beispiel, indem wir für sauberes und erlebbares Wasser sorgen und die Überﬂ utungsrisiken der Stadt durch Hochwasserschutz und Maßnahmen der Überﬂ utungsvorsorge mindern. Um in un- serem Handeln noch nachhaltiger zu werden, setzen wir uns auch mit der Art und Weise auseinander, wie wir unsere Ziele erreichen. Dies haben wir im Jahr 2019 durch die Ausrichtung unserer Strategie an den Perspektiven der Nachhaltigkeit ge- tan. So haben wir unsere mittel- und langfristigen Ziele auf die Perspektiven Was- ser, Ökologie, Klima sowie Ökonomie, Kunden und Personal ausgerichtet. Über die daraus abgeleiteten Jahresziele gewährleiten wir nachhaltiges Handeln auf allen Arbeitsebenen. Mit der vorliegenden Ausgabe der kompetenz wasser können wir Ihnen nur ei- nen Ausschnitt unseres vielfältigen Handelns präsentieren. Bei allem, was wir tun, spielt der Substanzerhalt unserer Anlagen in Bezug auf ökologische und ökonomi- sche Zielsetzungen eine wichtige Rolle. Wir setzen uns für den Klimaschutz und die Klimaanpassung ein. Das beinhaltet sowohl die Realisierung unseres Energieziels »CO2-Neutralität« als auch neue Konzepte für eine wassersensible Stadtplanung und für Grün in der Stadt. Auch der Erhalt der Natur und die Verbesserung der Gewäs- serqualität sind uns wichtig. Deshalb unterstützen wir ein Projekt zum Erhalt der Wechselkröte und erforschen technische Möglichkeiten zur Spurenstoffreduzierung. All dies können wir nur gemeinsam mit unseren Beschäftigten und Partnern aus der Region erreichen. Deshalb haben wir vor vielen Jahren das Regionalforum Rhein- Erft-Sieg ins Leben gerufen, das aktuell in Abwassernetzwerk Rheinland umbenannt wurde. Die Plattform eröffnet den Abwasserbetrieben der Region Möglichkeiten für einen intensiven Austausch und für gemeinsame Aktivitäten. Stolz sind wir auch da- rauf, dass wir 2019 eine neue Ausbildungswerkstatt für unsere Industriemechaniker einweihen konnten — ein wichtiger Baustein, um unsere Fachkräfte selbst ausbilden zu können. Damit alle Beschäftigten der StEB Köln stets aktuell informiert sind und Raum für Austausch und Zusammenarbeit ﬁ nden, bedarf es einer gut funktionie- renden Kommunikation, die auch Instrumente der abteilungsübergreifenden Zusam- menarbeit bietet. Dies erreichen wir durch unser StEBnet II, ein modernes Intranet mit Dialogfunktionen und Arbeitsräumen. Wie Sie erkennen können, haben wir auch in diesem Jahr ein breites Spektrum von Themen für Sie aufbereitet. Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre und interessante Anregungen. Ihr Otto Schaaf Vorstand der StEB Köln 3

Die Zukunft im Blick Die StEB Köln haben eine Klimaschutz- und Energievision für das Jahr 2030 erarbeitet Meike Bücker-Gittel Dipl.-Ing., Sachgebietsleiterin Prozessführung GKW Köln-Stammheim, StEB Köln Simone Kraus Dipl.-Ing., Referentin für Strategisches Energiemanagement, StEB Köln Sylvia Silano Dipl.-Ing., Projektleiterin Ingenieurbau, StEB Köln Die StEB Köln unterstützen das mit dem Klimanotstand vom Rat der Stadt Köln ausgerufene Ziel der »Klimaneutralen Kommune 2050«. Als großer Einzelenergieverbraucher inner- halb der städtischen Infrastruktur stützen sie sich bereits seit Jahren auf den Aktionsplan für nachhaltige Energie aus dem Jahr 2010 mit den darin festgelegten Zielen einer mindestens 20-prozentigen Steigerung von Energieefﬁ zienz und erneuer- baren Energieträgern bis 2020. In diesem Kontext erarbeite- ten sie bereits im Herbst 2018 eine Klimaschutz- und Energie- vision 2030. Der Weg zur Vision Mit ihrem umfassenden Energiekonzept konnten die StEB Köln in den vergangenen Jahren große Erfolge erzielen. So wurde der Stromverbrauch der fünf Kölner Klärwerke von 2004 bis 2014 um 40 Prozent von 66 auf 40 Gigawattstunden (GWh) redu- ziert. Gleichzeitig wurde die Eigenstromerzeugung mit Erneue- rung der Blockheizkraftwerke (BHKW) auf dem Großklärwerk (GKW) Stammheim und den Außenklärwerken (AKW) wesent- lich gesteigert. Der Eigenversorgungsgrad lag 2014 bei 80 und 2017 bei 88 Prozent. Das im Perspektivkonzept 2025 festgesetz- te Energieziel der StEB Köln sieht eine weitere Reduktion des Ge- samtstromverbrauchs auf 37 GWh sowie eine ›Energieautarkie‹ und damit eine Komplettversorgung mit selbst erzeugtem Strom vor. Seit 2011 besteht neben einem zentralen Energiemanage- ment ein Querprozess, der sogenannte ›Kompetenzpool Energie‹, der dem regelmäßigen fachlichen Austausch aller Energie-Exper- tinnen und -experten im Hause dient. Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahre, so nahm der Stromverbrauch seit 2014 wieder zu. Seitens der Politik wurden Energiewende und Klimaschutz im Koalitionsvertrag der Großen Koalition auf ein Minimum eingedampft. Dies spie- gelte sich auch in der Energiegesetzgebung wieder, so dass der »Kompetenzpool Energie« dringend neue Impulse brauch- te. Da traf es sich gut, dass Lean-Expertinnen und -experten der StEB Köln ein Pilotprojekt zur Umsetzung eines Zielentfal- tungsprozesses suchten, bei dem ausgehend von einer Vision 4 konkrete Ziele entwickelt werden. Hieraus entstand 2018 die Idee, eine eigene Energievision zu erarbeiten. »Wir brauchen Visionen, damit wir Lust auf die Zukunft be- kommen. Damit wir nicht warten wollen, bis morgen ist. Damit morgen alles besser wird und nicht früher alles besser war.«1 Eine Vision ist ein Richtungsgeber. Sie stellt einen Idealzu- stand in der Zukunft dar und macht das Unsichtbare sichtbar. Dabei gibt sie Orientierung und ist zugleich sinnstiftend. Ein eindrucksvolles Beispiel liefert die Microsoft-Vision aus dem Jahr 1975, wenngleich diese etwas nüchtern ausformuliert ist: »Ein Computer auf jedem Schreibtisch und in jedem Zuhause.« Die Klimaschutz- und Energievision der StEB Köln wurde im Rahmen eines eintägigen Workshops erarbeitet. Beteiligt wa- ren der Hauptabteilungsleiter Betrieb als ›Auftraggeber‹, das Energiemanagement sowie der Vorstand der StEB Köln, der die Vision ofﬁ ziell ›freigab‹. Vorbereitet und moderiert wurde der Workshop durch Lean-Expertinnen und -experten der StEB Köln. Als Zeithorizont für die Umsetzung wurde das Jahr 2030 festgelegt. Die Klimaschutz- und Energievision im Wortlaut: Die StEB Köln sorgen für lebenswertes Wasser für die Menschen in Köln. Für eine nachhaltige Wasserwirtschaft gestalten wir unsere Prozesse CO2-neutral und nutzen alle Möglichkeiten der regenerativen Energieerzeugung. Wir sind Vorreiter für die Weiterentwicklung und Anwendung zukunftsfähiger innovativer Technologien und leisten einen aktiven Beitrag zur Entwicklung dezentraler Energiekonzepte. Zielentfaltung nach Hoshin Kanri Methodische Grundlage der Visionsentwicklung und der ent- sprechenden Prozesse ist ein Zielentfaltungsprozess nach Hos- hin Kanri. Bei der aus Japan stammenden Methode geht es da- rum, Ziele systematisch zu ﬁ nden, abzustimmen, zu bearbeiten

und zu verfolgen. Als Bild bietet sich dazu ein Kompass an, bei dem alle Pfeile in die gleiche Richtung weisen.2 antwortlichkeiten zu den Projekten. Im Zentrum der X-Matrix steht dabei die Vision (siehe Abb. 2).2 Die Grundstruktur des Prozesses besteht aus zwei Phasen, wobei die erste Phase die Entwicklung von Vision, Strategie und Durchbruchszielen umfasst. Ausgehend von der Vision als ›Lebensziel‹ des Unternehmens zeigt die Strategie den Weg zur Erreichung auf, deﬁ niert Schwerpunkte und fokussiert die Handlungen. Als sogenannte Durchbruchsziele gelten strate- gische, langfristige Ziele mit einem Zeithorizont von drei bis fünf Jahren, die aus Vision und Strategie abgeleitet werden. Sie sind anspruchsvoll, deﬁ nieren die Herausforderungen und beschreiben wesentliche Sprünge mit meist großen Verände- rungen.2 In Phase 2 des Hoshin-Prozesses erfolgt der Übergang zu jährlichen PDCA-Zyklen als kontinuierlicher Verbesserungspro- zess (KVP). PDCA steht für die vier Elemente Plan (Planen), Do (Umsetzen), Check (Überprüfen) und Act (Durchführen), es beschreibt ein Instrument zur strukturierten Lösung von Proble- men und ist beispielsweise auch im Energiemanagement nach EN ISO 50001 integriert. Ausgehend von den strategischen Durchbruchszielen werden Jahresziele aufgestellt und im Ide- alfall in einer sogenannten Ziel-Kaskade für alle Bereiche und Abteilungen heruntergebrochen. Aus ihrer Umsetzung resul- tieren konkrete (Kaizen-)Projekte und Einzelmaßnahmen, über die die Jahresziele erreicht werden sollen. Alle Projekte folgen jeweils konkreten Zielvorgaben, die in zwischenzeitlichen Re- views überprüft werden. Am Jahresende wird der gesamte Prozess in einem Jahres-Review festgehalten. Wichtig ist, dass Durchbruchsziele, Jahresziele und Ziele der Einzelmaßnahmen klar messbar, terminiert und adressiert sind. Das ermöglicht es, nicht nur festzuhalten, was wann erreicht werden soll, sondern auch wer dafür verantwortlich ist.2 Die Dokumentation, das Kaskadieren und das Verfolgen der Zielerreichung erfolgt mit Hilfe einer X-Matrix. Diese ver- deutlicht und visualisiert den Zusammenhang zwischen Durch- bruchszielen, Jahreszielen, Projekten und Zielvorgaben und regelt gleichermaßen die Zuteilung von Ressourcen und Ver- Eine gemeinsame Strategiekonferenz Nachdem die Vision vom Vorstand und der Hauptabteilungs- leitung verabschiedet und damit vorgegeben war, wurden im Rahmen einer eintägigen Strategiekonferenz Strategien und Durchbruchsziele erarbeitet. Damit wurde Phase 1 des Hoshin- Prozesses abgeschlossen. Moderiert wurde die Veranstaltung erneut durch die internen Lean-Expertinnen und -experten. Das insgesamt 16 Personen umfassende Teilnehmerfeld setzte sich aus allen Mitglieder des »Kompetenzpool Energie« zusammen. Neben Energiemanagement, Verfahrenstechnik, Klärwerksbetrieb und Anlagenbau waren auch der kaufmän- nische Bereich und die Nachhaltigkeitskoordinatorin der StEB Köln beteiligt. Um ein kreatives Umfeld zu schaffen und »alle Synapsen der Beteiligten anzuregen«, wurde große Sorgfalt auf die Auswahl des Ortes und des Caterings gelegt. Hier sollte Klimaschutz soweit wie möglich durchdekliniert werden, zum Beispiel in Form eines vegetarischen Mittagsessens. Fachlich begleitet wurde der Workshop von Mark Oelmann, Professor für Energie- und Wasserökonomik an der Hochschule Ruhr West in Mülheim an der Ruhr. In seinem Impulsvortrag gab er einen Ausblick auf den Energiemarkt 2030 und erläu- terte neun erkennbare Trends (siehe Abb. 1). Davon ausge- hend und als Vorbereitung zur Aufstellung von Strategien und Durchbruchszielen waren vorab mit Hauptabteilungsleitung und Energiemanagement drei Handlungsfelder abgestimmt worden: Energieerzeugung und -verbrauch (Handlungsfeld 1), Speicherung und Flexibilität (Handlungsfeld 2) sowie Mobili- tät, Bauprozesse und sonstige Aspekte (Handlungsfeld 3). Nur durch ein Engagement in allen drei Handlungsfeldern kann die Klimaschutz- und Energievision 2030 Wirklichkeit werden. Im Rahmen des Impulsvortrags wurden die Trends den jeweili- gen Handlungsfeldern zugeordnet. Abb. 1: Trends eines »Energiemarkts 2030« und Zuordnung zu den Handlungsfeldern und Strategien der StEB Köln 5

Teilnehmende beim World-Café und Vorstellung der Boards Methodisch entwickelten die Teilnehmenden im Rahmen eines World Cafés Strategien zu den drei Handlungsfeldern. Diese zielen im Handlungsfeld Energieerzeugung und -verbrauch darauf ab, regenerative Energien auszubauen und Efﬁ zienzpo- tenziale kennzahlengesteuert zu erschließen. Das gilt für alle Bereiche, also für Strom, Wärme, Kälte und Kraftstoffe. Für das Handlungsfeld Speicherung und Flexibilität (Ener- gieverbund) wurde vereinbart, die Ausrichtung der individu- eller Erzeugung und des individuellem Energiebedarfes mög- lichst verlustfrei an die regionalen Anforderungen anzupassen. Auch hier sind alle Bereiche — also Strom, Wärme und Mobili- tät — betroffen. Währenddessen wurde für das Handlungsfeld Mobilität, Bauprozesse und sonstige CO2-Emissionen beschlossen, die CO2-Emissionen durch nachhaltiges Bauen und Beschaffen so- wie nachhaltige Mobilität zu reduzieren. Zu jeder Strategie wurden jeweils zwei Durchbruchsziele for- muliert, die in einem Folgetermin validiert und messbar gemacht wurden. Als Zeithorizont wurden dabei fünf Jahre (ausgehend vom Jahr 2017) beziehungsweise das Zieljahr 2023 festgelegt. Inhaltlich beziehen sich die Durchbruchsziele auf den Ausbau der regenerativen Energien und die Efﬁ zienzsteigerung der Klär- werke und Pumpwerke um jeweils 15 Prozent (Handlungsfeld 1) sowie auf die Schaffung von Speichermöglichkeiten zur Flexibi- lität für alle Klärwerke und das Lastmanagement inklusive ent- sprechender Prognosemodelle (Handlungsfeld 2). In Handlungs- feld 3 wurden die Erarbeitung eines Entscheidungsrasters für nachhaltiges Bauen sowie die Reduzierung des durch Mobilität erzeugten CO2 als Durchbruchsziele deﬁ niert. Darauf basierend war jeder Fachbereich gefragt, entspre- chende Jahresziele für 2019 aufzustellen, die dann in die X- Matrix übertragen wurden. Einen Überblick über die Strategi- en sowie die Durchbruchsziele 2023 und die Jahresziele 2019 für alle drei Handlungsfelder bietet Tabelle 1. Die X-Matrix 2019 wird in Abbildung 2 für ausgewählte Jahresprojekte dar- gestellt, die im letzten Abschnitt kurz erläutert werden. 6 Strategie-Entwurf zum Handlungsfeld Energieerzeugung und –verbrauch Aus der X-Matrix wird ersichtlich, dass zu allen Jahreszielen entsprechende Projekte aufgestellt wurden, die ihrerseits eine messbare Zielvorgabe erfüllen müssen. Diese kann eine konkre- te Kennzahl sein, beispielsweise die Zahl der eingesparten Kilo- wattstunden beim Gesamtstromverbrauch oder die prozentua- le Erhöhung der erneuerbaren Energieerzeugung. Projekte, die im aktuellen Jahr noch keine derartigen Effekte erzeugen, kön- nen auch eine zeitliche Zielvorgabe haben oder eine bestimm- te Projektphase als qualitative Kennzahl ausweisen. Ähnlich verhält es sich mit konzeptionellen Maßnahmen. Der »Kompe- tenzpool Energie« kommt in der Regel alle zwei Monate zusam- men, um den aktuellen Stand der Zielerreichung zu überprüfen. Erste Erfolge sind bereits sichtbar In 2019 wurde ein Masterplan zum Ausbau der regenerati- ven Eigenstromerzeugung und zur Efﬁ zienzsteigerung erstellt. Dieser veranschaulicht, dass auf dem Großklärwerk (GKW) Stammheim noch erhebliche Potenziale zum Ausbau erneuer- barer Energien bestehen. Die Realisierung des Durchbruchs- ziels einer 15-prozentigen Steigerung kann hier voraussichtlich sogar übertroffen werden, zum Beispiel durch verfahrenstech- nische Optimierungen wie die dauerhafte Inbetriebnahme der Faulbehälter-Reihenschaltung zur Steigerung der Faulgasmen- ge und den Ausbau von Photovoltaikanlagen auf bisher nicht genutzten Dach- und Freiﬂ ächen.

Tab. 1: Strategien, Durchbruchziele (2030) und Jahresziele (2019) zur Klimaschutz und Energie Vision 2030 (CO2,e-Emmissionen bedeutet: CO2-äquivalente Emissionen) Vor allem die Erweiterung der Co-Fermentation auf eine Annah- memenge von 50 000 Tonnen pro Jahr wird zu einem erhebli- chen Anstieg der Faulgasmenge als regenerativer Energieträger führen. Bei gleichzeitig angestrebter Reduzierung des Stromver- brauchs — zum Beispiel durch die Erneuerung der Belüftung der Schwachlast (siehe Beitrag auf Seite 32) — wird die erzeugte Energiemenge den Eigenbedarf des GKWs übersteigen. Vor diesem Hintergrund wurde eine Wirtschaftlichkeitsbe- trachtung für eine Biogasaufbereitungsanlage (BGAA) durch- geführt. Mit einer derartigen Anlage kann überschüssiges Faulgas auf Erdgasqualität aufbereitet und in das Erdgasnetz eingespeist werden. Dies ermöglicht es, fossiles Erdgas für die Eigenenergieversorgung oder extern bei Abgabe an Dritte zu substituieren. Im Kontext des Ratsbeschlusses der Stadt Köln zum Klima- notstand, der unter anderem eine klimaneutrale Energieversor- gung der städtischen Gebäude vorsieht, bieten sich Potenziale zur dezentralen Wärmeversorgung mit regenerativem Gas aus dem GKW Köln-Stammheim. Parallel dazu laufen auf dem Klärwerk Weiden erste Unter- suchungen zu membranbelüfteten Bioﬁ lmen zur Trübwasser- behandlung. Auch hier soll das Potenzial zur Steigerung der Energieefﬁ zienz nachgewiesen werden. Im Bereich nachhaltige Mobilität wurden eine Mobilitätsbe- fragung zu den Arbeitswegen sowie ein Aktionstag durchge- führt. Ziel ist es, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Anreize zu einer klimaschonenden, zukunftsfähigen Gestaltung ihres Arbeitsweges zu geben. Als konkrete Maßnahmen wurden ein Zuschuss zum Jobticket und ein zinsloser Gehaltsvorschuss zur Anschaffung von Fahrrädern eingeführt. Ein gutes Beispiel da- für, dass sich der Zielentfaltungsprozess nicht nur auf die tech- nischen Bereiche der StEB Köln beschränkt, sondern auch die Ausrichtung anderer Abteilungen in Richtung der gemeinsamen Vision gelenkt wird. 7

Abb. 2: X-Matrix mit Durchbruchszielen 2023, Jahreszielen 2019 und ausgewählten Projekten mit entsprechenden Zielvorgaben »Wenn wir am Ende unsere Lebensgrundlage gerettet haben, wird all das kein Opfer gewesen sein.«4 Anmerkungen 1 VeloCityRuhr, Das ist Bullshit!, 01.04.2019, https://velocityruhr.net/ blog/2019/04/01/das-ist-bullshit/ 2 LMX 2017: StEB-Ausbildung zum Lean Senior Expert, Modul 2 »Hos- hin Kanri«, LMX Business Consulting GmbH, Köln, Oktober 2017 3 Kemfert, Claudia, Klima-Note Vier für die Bundesregierung, klima- reporter, 08.11.2019: https://www.klimareporter.de/deutschland/ klima-note-vier-fuer-die-bundesregierung (Abruf 13.11.2019) 4 Safran Foer, Jonathan, Wir sind das Klima, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2019, S. 230 Mit ihrer Klimaschutz- und Energievision 2030 haben sich die StEB Köln ehrgeizige Ziele gesetzt. An oberster Stelle steht dabei die Klimaneutralität. Flexibilität und Sektorkopplung bedeuten gleichzeitig einen Kurswechsel weg von der Ener- gieautarkie hin zu einer Öffnung in Richtung dezentraler Ener- giekonzepte über die Klärwerksgrenzen hinaus. Die Klimawende ist die zentrale globale Herausforderung unserer Zeit, das zeigt auch die wachsende Popularität der »Fridays For Future«-Bewegung. Das Klimapaket der Bundes- regierung stellt einen ersten Schritt in diese Richtung dar, es muss aber noch viel tiefer gehen, damit die Klimaziele erreicht werden können.3 Doch nicht nicht nur die Regierungen sind gefragt, auch jede und jeder Einzelne kann etwas zur Klimawende beitragen. Denn wie schreibt Jonathan Safran Foer in seinem Buch »Wir sind das Klima«: »Es wird nicht ausreichen, unser Verhalten zu ändern, um die Erde zu retten. Aber es ist unmöglich, die Erde zu retten, ohne unser Verhalten zu ändern«. Oder erinnernd an die Rede von US-Präsident Roosevelt vom 28. April 1942: 8

Wasser und Grün in der Stadt von Morgen Wie die StEB Köln ihr Engagement in der Klimafolgenanpassung intensivieren Marc Daniel Heintz Dipl.-Geogr., Abteilung wasserwirtschaftliche Planung, StEB Köln Lea Steyer M. Sc., Abteilung wasserwirtschaftliche Planung, StEB Köln Rafael Vedder M. Sc., Abteilung wasserwirtschaftliche Planung, StEB Köln In den Jahren 2018 und 2019 war die Witterung in Köln von Hitze- und Trockenperioden geprägt. So wurde am 25. Juli 2019 am Klärwerk in Stammheim mit 41,1 Grad Celsius (°C) sogar ein neuer Temperaturrekord gemessen. Bereits 2013 hatte das Projekt »Klimawandelgerechte Metropole Köln« mit Be- teiligung der StEB Köln die lokalen Auswirkungen des Klima- wandels untersucht und Planungsempfehlungen formuliert. Dabei gilt, dass Städte durch ihre dichte Bebauung im Ver- gleich zum Umland (siehe Abbildung 1) besonders von klima- tischen Veränderungen betroffen sind und sich entsprechend auf Wetterextreme vorbereiten müssen. Das Jahresmittel der Lufttemperatur in Köln ist in den letzten 20 Jahren um ein Grad angestiegen (siehe Abbildung 2). Die Temperaturdiffe- renz zwischen Stadt und Umland betrug an manchen Som- mertagen bis zu zehn Grad. Gleichzeitig fallen die jährlichen Niederschlagsummen immer ungleichmäßiger verteilt und oft in Form von Starkregen, so dass die Überﬂ utungsvorsorge wei- ter von großer Relevanz ist. In enger Zusammenarbeit mit der Stadt Köln arbeiten die StEB Köln daher darauf hin, die Klima- folgenanpassung durch unterschiedliche Ansätze auszubauen. Köln als »Klimaaktive Kommune« in Sachen Überﬂ utungsvorsorge 2018 wurde Köln für seine Aktivitäten im Rahmen der Über- ﬂ utungsvorsorge vom Bundesumweltministerium und dem Deutschen Institut für Urbanistik als »Klimaaktive Kommune« ausgezeichnet. Bereits in den Jahren zuvor haben die StEB Köln große Anstrengungen unternommen, um die Bevölkerung aktiv in die Überﬂ utungsvorsorge einzubinden. Eine mehrjähri- ge Informationskampagne mit Info-Ständen auf Straßenfesten, Vorträgen bei Bürgervereinen und einer Wanderausstellung in den Bezirksrathäusern diente dazu, die 2017 veröffentlichten Starkregengefahrenkarten und die zusammen mit den Fach- ämtern der Stadt Köln erarbeiteten Leitfäden in die Stadtteile zu bringen. Ein besonderer Höhepunkt war die Veranstaltung »Starkregen, Hochwasser, Klimaveränderungen — was kann ich tun?« am 30. März 2019 im VHS Forum am Neumarkt mit über 300 Besucherinnen und Besuchern (siehe dazu auch Mel- dungen auf Seite 41). Ein weiterer Schritt, um unterschiedliche Akteure und die lokale Bevölkerung bei der Entwicklung inno- vativer Maßnahmen an einen Tisch zu bringen, ist das Projekt iResilience im Stadtteil Köln-Deutz. Die StEB Köln sind dabei federführend für den Themenbereich Überﬂ utungsvorsorge. Mehr Grün für Köln Im Städtebau stellt die Sicherung und Weiterentwicklung öf- fentlicher Freiﬂ ächen wie Parks, Grüngürtel oder Kleingarten- anlagen eine zentrale Aufgabe dar. Vor dem Hintergrund des Bevölkerungswachstums, das mit einer zunehmenden Verdich- tung und Versiegelung von Flächen einhergeht, rückt zusätz- Abbildung 1: Vergleich zwischen den stadtklimatischen Verhältnissen eines unbebauten, natürlichen Standortes (links) und denen eines dicht bebauten Standortes (rechts) (must Städtebau/StEB Köln) 9

Abb. 2: Jahresmittel (sowie linearer Trend) der Lufttemperatur an der DWD-Station Köln-Bonn Flughafen im Zeitraum 1958 bis 2010 (DWD) Tab. 1: Vergleich der Methoden zur Regenwasserbewirtschaftung (Quelle: must Städtebau) lich das private Grün auf Dächern und Fassaden sowie in Höfen und Vorgärten in den Fokus. Grün in der Stadt verbessert das Mikroklima, dämpft den Lärm und reinigt die Luft. Es fördert zu- dem auch die Artenvielfalt und steigert die Aufenthaltsqualität und das menschliche Wohlbeﬁ nden. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht bringen Maßnahmen der Entsiegelung und Begrünung gleich mehrere Vorteile mit sich (siehe Abbildung 3): Zum ei- nen fördern sie durch Versickerung die Grundwasserneubildung, speichern Regenwasser und entlasten so die Kanalisation. Zum anderen verringern sie die Überﬂ utungsgefahr und sorgen für Kühle durch Verdunstung. Die Stadt Köln hat 2018 das Förder- programm »Grün hoch 3« ins Leben gerufen. Die StEB Köln un- terstützen dieses Programm, indem sie gemeinsam mit der Stadt oder — soweit möglich — in umliegende Gewässer eingeleitet werden. Die örtliche Beseitigung des Regenwassers darf nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verboten werden oder das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigen. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn sich eine Altlast oder Altlastverdachts- ﬂ äche im Baugebiet beﬁ ndet oder das Bauvorhaben eine Zink-, Blei- oder Kupferdacheindeckung vorsieht. Außerdem darf das Grundstück nicht im Bereich einer Deichschutzzone liegen. Die positiven Auswirkungen der Versickerung auf den Wasserhaus- halt und das Mikroklima werden hoch gewichtet, weshalb die StEB Köln hier auf die Niederschlagswassergebühren verzichtet. Auch für Grundstücke, die bereits vor dem in der Fristenregelung von § 44 LWG NRW vorgegebenen Stichtag am 1. Januar 1996 Abb. 3: Vereinfachte Wasserbilanz eines unbebauten, natürlichen Standortes (links) und eines dicht bebauten Standortes (rechts) (Quelle: must Städtebau/StEB Köln) den Leitfaden »Mehr Grün für ein besseres Klima in Köln« erstellt haben und zugleich ihre eigene Strategie der Entsiegelung und Regenwasserbewirtschaftung umgestellt haben. Entsiegelung und Regenwasserbewirtschaftung Mit dem »Perspektivkonzept 2025« verfolgen die StEB Köln in Anlehnung an § 55 Abs. 2 WHG das nachhaltige Ziel, dass zu- künftig kein sauberes Regenwasser in die öffentliche Kanalisati- on gelangt. Demnach soll möglichst viel Regenwasser versickern 10 versiegelt und somit an die Kanalisation angeschlossen waren, soll bei städtebaulichen Vorhaben und Einzelbauvorhaben eine Versickerung geprüft und — wenn die örtlichen Bedingungen dies zulassen — umgesetzt werden. Grundsätzlich fördern die StEB Köln die Strategie der nach- haltigen Regenwasserbewirtschaftung im Bestand. Dies ge- schieht, indem sie im Rahmen von Informationsveranstaltun- gen die Bevölkerung aktiv auf die Möglichkeit der Einsparung von Niederschlagswassergebühren hinweisen. Eine Gebühren- befreiung muss bei den StEB Köln beantragt werden. Tabelle 1 gibt einen Überblick über verschiedene Ansätze der nachhal-

Fotomontage: Ein grüneres Köln (Quelle: must Städtebau/StEB Köln) tigen Regenwasserbewirtschaftung und ihre Effekte. Die StEB Köln unterstützen konsequent alle technisch realisierbaren Maßnahmen, die darauf abzielen, das auf einem Grundstück anfallende Regenwasser vor Ort zu belassen. Eine optimale Nutzung von Regenwasser wird in Abbildung 4 schematisch dargestellt. Multifunktionale Retentionsﬂ ächen Ein weiteres Beispiel für Klimaanpassungsmaßnahmen sind multifunktionale Retentionsﬂ ächen. Nach der Erarbeitung the- oretischer Grundlagen im Projekt »Multifunktionale Retentions- ﬂ ächen — von der Idee zur Realisierung (MURIEL)« können im Stadtteil Porz-Eil bald die ersten Flächen umgestaltet werden. Aufgrund der topograﬁ schen Lage in einer Senke auf einem ehemaligen Rheinarm besteht hier eine besondere Überﬂ u- tungsgefahr. Hydraulische Berechnungen und eine Überﬂ u- tungsbetrachtung zeigen, dass dies auch Schäden in bebauten Bereichen verursachen könnte. Bei der Umgestaltung der Re- tentionsﬂ ächen stehen zwei Areale im Fokus: der »Eiler Schüt- zenplatz« und der »Platz an der Leidenhausener Straße«. Bei der Umgestaltung der Retentionsﬂ ächen stehen zwei Areale im Fokus: »Eiler Schützenplatz« mit 470 Kubikmetern Rück- haltevolumen und der »Platz an der Leidenhausener Straße« mit 30 Kubikmetern Rückhaltevolumen. Durch die Schaffung von insgesamt 500 Kubikmetern Rückhaltevolumen kann die Überﬂ utungsgefahr partiell entspannt werden. Da die beiden Plätze ohnehin städtisch aufgewertet werden sollten und eine Finanzierung über Städtebaufördermitteln vorgesehen ist, han- delt es sich um eine »No-regret-Maßnahme«. Der Baustart ist für das Jahr 2020 vorgesehen. Neue Gewässerläufe und Weiher Die meisten der insgesamt über 70 Kilometer langen Kölner Bachläufe sind anthropogen geprägt und damit in ihrer na- türlichen Struktur verändert. Die europäische Wasserrahmen- richtlinie gibt den guten ökologischen Zustand bzw. das gute ökologische Potenzial als Ziel bis zum Jahr 2030 vor. Um die- ses Ziel zu erreichen, haben die StEB Köln in ihrem Gewäs- serentwicklungskonzept zahlreiche Maßnahmen deﬁ niert. Neben den gewässerökologischen Aspekten werden dabei zunehmend auch die Synergieeffekte mit Bereichen wie Städ- tebau, Landschaftsbild und Erlebbarkeit betrachtet. Wir wis- sen heute, dass die Gewässer auch einen positiven Effekt auf Mikroklima und Starkregenvorsorge entfalten. Derzeit wird im Auftrag der StEB Köln eine Machbarkeitsstudie zur (Teil-)Of- fenlegung des Flehbaches und der Strunde erarbeitet. Anhand dieser wird überprüft, ob der verrohrte Verlauf dieser Bäche im stark bebauten Ortsteil Köln-Mülheim stellenweise wieder an die Oberﬂ äche geführt werden kann. Auch die Schaffung künstlicher Wasserﬂ ächen in Köln — sei es auf öffentlichen oder privaten Flächen — wird von den StEB Köln grundsätzlich begrüßt. Sie hat sowohl positive Auswirkun- gen auf das Klima als auch auf das Wohlbeﬁ nden der Men- schen und städtische Gesamtbild. Die Stadt Köln plant nach der Verlagerung des Großmarkts an den Stadtrand im Kölner Süden aktuell einen neuen Stadtteil: die Parkstadt Süd. Im Zuge der vorgesehenen Entwicklung soll auch der Innere Grün- gürtel bis zum Rhein verlängert werden und ein neuer Parksee angelegt werden. Auch bei der Umgestaltung des Deutzer Ha- fens zu einem gemischt genutzten Quartier wird das Thema Wasser — von der Einbindung des Hafenbeckens bis zum Re- genwassermanagement — eine besondere Rolle spielen. 11

Das Rheinland setzt auf Kooperation Auf dem Weg zu einer öffentlichen Lösung in der Klärschlammentsorgung Jörn Kleimann Stabstelle Klärschlammkooperation, StEB Köln Der Welt der Klärschlammentsorgung ist im letzten Jahr gehörig in Bewegung gekommen. Wie kam es dazu? Maßstab für die Klär- schlammentsorgung war jahrelang die Klärschlammverordnung aus dem Jahr 1992. Diese schützt den landwirtschaftlich genutz- ten Boden vor einem zu hohen Schadstoffeintrag. Die Verordnung musste an das gewachsene Wissen über die zahlreichen neuen mittlerweile messbaren Schadstoffe angepasst werden. Aber die zuständigen Ministerien, das für Umwelt und das für Land- wirtschaft, konnten sich lange Zeit nicht über eine Abwägung zwischen Schadstoffbegrenzung und Nutzen von Düngestoffen einigen. Auch wollte man eine Vervielfachung der Überwachungs- parameter vermeiden. Erst die im Koalitionsvertrag der Bundesre- gierung 2013 bis 2017 festgeschriebene Formulierung des Ziels, die landwirtschaftliche Verwertung zu beenden und mit techni- schen Verfahren den Düngestoff Phosphat zurückzugewinnen, löste die Blockade Beschlossen wurde die neue Klärschlammver- ordnung in der letzten Bundestagssitzung der alten Legislaturperi- ode. Sie trat am 2. Oktober 2017 in Kraft und war der Startschuss für einen Langstreckenlauf, an dessen Ende die Zielmarke 2029 steht. In jenem Jahr wird das Phosphorrecycling aus Klärschlamm Pﬂ icht für große Kläranlagen mit mehr als 100 000 Einwohner- werten, ab 2032 auch für jene mit mehr als 50 000 Einwohner- werten. Gleichzeitig endet für diese Anlagen die Möglichkeit der landwirtschaftlichen Verwertung. Die Auswirkungen für die Kläranlagenbetreiber waren be- reits im Jahr 2017 spürbar, da die Entsorgungspreise in die Abb. 1: Anstieg des Preisniveaus im Vergleich zur Monoverbrennung 12 Abb. 2: Tätigkeitsgebiet der fünf Kooperationspartner Höhe schossen. Während die Mitverbrennung in Braun- und Steinkohlekraftwerken lange Jahre mit deutlichem Abstand die Kosten der Monoverbrennung unterschritt, werden derzeit bei Ausschreibungen Preise auf dem Entsorgungsmarkt erzielt, die die Kosten der Monoverbrennung deutlich überschreiten. Diese Entwicklung kam nicht unerwartet. Ihre Heftigkeit jedoch überraschte zunächst viele Marktteilnehmer. Auch die Stadtent- wässerungsbetriebe Köln, AöR (StEB Köln) hatten gemeinsam mit benachbarten Betreibern bereits 2015 einen Abgleich von Bedarf und Kapazitäten erstellt und die Notwendigkeit eines Strategiewechsels erkannt. Zwei Jahre später brachten der Was- serverband Eifel-Rur, der Erftverband und die StEB Köln ein Projekt auf den Weg, das die Machbarkeit einer gemeinsamen Klärschlammentsorgung in Form einer Monoklärschlammver- brennung untersuchte. Im März 2019 trat der Niersverband der Kooperation bei, im Juni 2019 folgte die Bundesstadt Bonn.

Bonn Erftverband Niersverband StEB Köln WVER Summe Tab. 1: Klärschlammanfall der Kooperationspartner in t Trockenrückstand Menge t/a 07 500 13 500 13 500 19 500 26 000 80 000 Anteil % 009,2 % 017,3 % 017,3 % 024,1 % 032,1 % 100,0 % Der Markt ist in Bewegung Die so entstandene Klärschlammkooperation Rheinland (KKR) ist einer der größten Zusammenschlüsse öffentlicher Betreiber in Deutschland. Sie betreibt Kläranlagen für rund vier Millio- nen Menschen und deckt räumlich fast das gesamt linksrheini- sche Nordrhein-Westfalen ab. Bei der Bildung der KKR und der Formulierung ihrer Aufgaben spielte die Bewertung des Mark- tes eine wesentliche Rolle. Betrachtet man diesen, so fällt auf, dass derzeit in Deutschland knapp 30 Projekte aktiv sind, die entweder bestehende Monoklärschlammverbrennungsanlagen modernisieren und vergrößern oder neue Anlagen errichten wollen. Die meisten dieser Anlagen werden von öffentlichen Abwasserentsorgern betrieben und dienen der Entsorgung der jeweils eigenen Schlammmengen. Ihre Kapazitäten stellen sie in der Regel nicht in den Wettbewerb. Zugleich werden die verbleibenden Kapazitäten der Privatwirtschaft langfristig klei- ner, da Mitverbrennungsmöglichkeiten in Kohlekraftwerken wegfallen, aber auch die Entsorgung in Zementwerken nur für Klärschlämme mit bereits abgereicherten Phosphorgehalten möglich bleibt. Somit wird es für die fünf Partner der rheini- schen Klärschlammkooperation immer schwieriger, ihre Men- gen über die Ausschreibung kurz- oder mittelfristiger Verträge auf dem Markt unterzubringen. Vor diesem Hintergrund entschloss sich die KKR, gemeinsam die Projektierung einer eigenen Verbrennungsanlage in Angriff zu nehmen. Nach einer Vorauswahl von möglichen Standorten wurden die Kläranlage Düren sowie vier Fremdstandorte für einen Vergleich ausgewählt. Letztere sind etablierte Industrie- standorte mit bereits vorhandenen Verbrennungsanlagen, ne- ben der Kläranlage handelt es sich um Kraftwerke oder Müllver- brennungsanlagen. Eine Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2017 zeigt, dass die Anlagenkonﬁ guration mit zentraler Trocknung, zweistuﬁ ger Wirbelschichtverbrennung und moderner Rauch- gasreinigung an allen fünf Standorten möglich wäre. Aktuell stellt die Identiﬁ zierung des besten Standortes die wichtigste Aufgabe der Projektleitung dar. Dies geschieht in einem multifaktoriellen Vergleich, der mit Unterstützung des Institutes für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH (ifeu) durchgeführt wird. Das ifeu betreut dabei den Umweltbe- reich. Die Bewertung von Wirtschaftlichkeit und strategischen Gesichtspunkten erfolgt direkt durch die Kooperationspartner. Gewichtet wird dabei wie folgt: Alle drei Wertungsbereiche ﬂ ießen in einem Umfang von 30 bis 40 Prozent ins Gesamter- gebnis ein, die Umweltaspekte erhalten dabei jedoch die höchste Priorität. Für deren Gewichtung folgte die KKR der Empfehlung des Gutachtens, wonach die Treibhausgase und die Anwoh- nerbelastungen am stärksten gewertet werden. Die Treibhaus- gaswirkung umfasst die direkten Emissionen aus dem Prozess (scope 1) und diejenigen aus der bezogenen Energie (scope 2)1. Eingesparte Emissionen zur Wärmeabgabe an externe Nutzer führen zu einer Gutschrift. Die Emissionsfaktoren können sich über die Jahre ändern (z.B. aufgrund des Zubaus erneuerbarer Energien) und werden ständig fortgeschrieben. Der Gutachter nahm daher für den Standortvergleich die Prognosewerte2 des Umweltbundesamtes (UBA) für 2030 zum Maßstab. Dies korre- spondiert mit dem geplanten Inbetriebnahmejahr 2028. Aktuell wird vor allem die Frage diskutiert, welcher Wert bzw. Schadenswert den Treibhausgasemissionen zugeordnet werden soll. In einer Sensitivitätsanalyse, die zum gleichen Ergebnis führt wie die Bewertung nach Punkten, wurden seitens des Gut- achters Umweltschadenskosten von 180 €/tCO2eq angesetzt. Dieser Wert wurde der Empfehlung des UBA3 entnommen. Er ist somit deutlich höher als die derzeitigen Zertiﬁ katspreise von 25 €/t nach dem Treibhausemissionshandelsgesetz (TEHG). Von der gewählten Methodik erhofft sich die Kooperation eine Akzeptanz des Ergebnisses in den Beschlussgremien ihrer Partner. Für Köln ist dies der Rat der Stadt. Die Nutzwertanalyse gestattet eine weit gehende Transparenz und Nachvollziehbar- keit. Derzeit wird die Einbringung des Themas in die politischen Gremien vorbereitet. Anmerkungen 1 Scope 1 bis 3 sind die Klassiﬁ zierungen nach dem Greenhouse Gas Protocol: 1. Direkte Emissionen, 2. Emissionen aufgrund von Energie- bezug und 3. vor- und nachgelagerte Dienstleistungen und Produkte 2 Die Emissionfaktoren z.B. für bezogenen Strom sinken mit zunehmen- der Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft. Auch für Emissionen aus dem Verkehr geht das UBA von sinkenden Belastungen bei künf- tige moderneren Antriebskonzepten aus. 3 Umweltbundesamt Nov. 2018 Methodenkonvention 3.0 Tab. 2: Auszug aus den Kriterien der Nutzwertanalyse Standortvergleich 13

Heinzelmann im Einsatz Ein Beispiel für den Stollenbau in der Kölner Innenstadt Martin Frieser Dipl.-Ing., Gewässer- und Hochwasseranlagenbau, StEB Köln Jürgen Werker Dipl.-Ing., Gewässer- und Hochwasseranlagenbau, StEB Köln Im Zuge der gesetzlich vorgeschriebenen regelmäßigen Kanalin- spektion wurden erhebliche Schäden am bestehenden Misch- wasserkanal in der Limburger Straße festgestellt. Diese liegt im Innenstadtbereich von Köln und führt vom viel befahrenen Hohenzollernring zum Friesenplatz. Es wurde deutlich, dass der Kanal aus dem Jahr 1903 durchgängig gravierende Innen- korrosionsschäden aufwies. Aufgrund der Schadensklassiﬁ zie- rung wurde eine Erneuerung der kleinen Eiproﬁ le 200/300 und 250/375 notwendig. Dies stellte eine besondere Herausforderung dar, denn im Baugebiet beﬁ nden sich fünf denkmalgeschützte Gebäude, ein großes Bankgebäude sowie viele Ladenlokale sowie Gas- tronomiebetriebe. Daher galt es in der Planungs- und Bauab- wicklung eine Vielzahl von Rahmenbedingungen zu berück- sichtigen: vom Lärm- und Umweltschutz über den Schutz der vorhandenen und teilweise denkmalgeschützten Bausubstanz bis zur möglichen Kampfmittelbelastung und zahlreichen Ver- sorgungsleitungen in diesem eng bebauten Innenstadtbereich. Zudem galt es, die ständige Entsorgungssicherheit der vorhan- denen Bebauung zu gewährleisten und den erheblichen An- lieger- Geschäfts- und Durchgangsverkehr zu berücksichtigen. Aufgrund all dieser Randbedingungen entschied man sich für eine Kanalerneuerung im Spritzbetonstollen. Dabei ermög- lichte es die unterirdische Bauweise, platzsparend und nahezu unabhängig von bestehender Infrastruktur zu agieren. Zudem gilt das Bauverfahren als weitestgehend setzungsfrei. Die Vorteile des Spritzbetonverfahrens Das Spritzbetonverfahren zeichnet sich durch eine hohe An- passungsfähigkeit aus. Die Bauweise eignet sich für alle Köl- ner Kanalproﬁ le, sie kann zudem in allen Böden angewandt werden. Durch geeignete Zusatzmaßnahmen, zum Beispiel das Einbringen von Injektionslanzen, lässt sich bei rolligen Böden zusätzlich eine vorauseilende Sicherung erzielen. Der bei dem Verfahren eingesetzte Spritzbeton ist ein Hoch- leistungsbeton, der durch Spritzen mit hoher Geschwindigkeit aufgetragen und beim Aufprall verdichtet wird. Der Beton er- starrt sofort nach dem Aufprall und erreicht somit eine schnel- le Früh- und hohe Endfestigkeit. Das ermöglicht es beim Spritz- betonstollen, Ausbruchﬂ ächen schnell zu sichern und eine 14 Rohrverlegung im Stollen Limburger Straße Auﬂ ockerung und Entspannung des Bodens zu vermeiden. Aufgrund der statischen Wirkungsweise werden Kreisproﬁ le oder Ellipsen als Stollenquerschnitte gewählt. Beim Stollenabbau wird der Ausbruch in kleinen Abschnit- ten vorgenommen. Dabei richtet sich die Neigung der Orts- brust nach dem natürlichen Böschungswinkel des anstehen- den Bodens. Die Ausbruchtiefe des Stollens ist abhängig von den ingenieurgeologischen Eigenschaften des Baugrunds. Nachdem ein Stollenabschnitt freigelegt worden ist, erfolgt seine Sicherung durch einen Vorspritzvorgang mit einer dün- nen Spritzbetonschicht. Anschließend wird die Bewehrung, entsprechend der geprüften Statik, eingebaut und die Spritz- betonschale in ihrer vollen statisch erforderlichen Stärke auf- getragen. Alle Hohlräume, die natürlich vorhanden sind oder durch den Ausbau von Hindernissen entstehen, werden mit Spritzbeton verschlossen. Der eigentliche Bodenabbau erfolgt in der Regel von Hand und durch den Einsatz von Spitzhacke und Schaufel. Parallel zum Stollenvortrieb wird der alte Kanal rückgebaut und eine provisorische Wasserhaltung eingerichtet. Zum Schutz der Stol- lenbauarbeiter wird der Kanal kontinuierlich be- und entlüftet. Dies reduziert gleichzeitig die Staubentwicklung an der Bau- stellenoberﬂ äche.

Die Kanalbaumaßnahme in der Limburger Straße Das Beispiel der Limburger Straße zeigt, wie ›unsichtbar‹ das Verfahren zudem ist. Dass fünf Meter tief unter der Straße seit November 2018 ein Stollen gegraben wurde, ahnten die we- nigsten Passanten. Mit der Erneuerung des Straßenbelags wird die komplette Maßnahme ein Jahr später fertiggestellt sein. Auf dem Weg dorthin trieb das Team mit den Kölner Spezi- altiefbauﬁ rmen HOCHTIEF Infrastructure GmbH und Heinrich Wassermann GmbH die Stollen mit rund 60 Zentimeter pro Tag unter der belebten Geschäftsstraße voran. Wie bei den meisten Maßnahmen der StEB Köln wurde der Querschnitt auch hier elliptisch ausgeführt, da verfahrensbe- dingt die Gewölbewirkung des Gebirges und der Schale mitge- nutzt werden konnte. Der lichte Querschnitt des Stollens unter der Limburger Straße hat eine Abmessung von 1,80 mal 2,00 Meter. Da das Vorhandensein von Kampfmitteln vor allem im In- nenstadtbereich von Köln grundsätzlich nicht auszuschließen ist, müssen alle Stollenbau- und Erdarbeiten mit besonderer Sorgfalt ausgeführt werden. Auch wenn beim Spitzbetonstol- len — im Gegensatz zu anderen Bauverfahren — keine, bis zu sieben Meter tiefen Bohrungen im Abstand von 1,50 Meter für Kampfmittelsondierungen ab Geländeoberkante ausgeführt werden müssen, bedarf es je nach Bodenverhältnissen einer vorauseilende Sicherung durch eine Bodenverfestigung. Das dazu notwendige Einbringen der Spieße und Lanzen erfolgt unter Zuhilfenahme eines handgepumpten Hydraulikzylinders, das Vorgehen ist dabei vorsichtig und zentimeterweise. So wird gewährleistet, dass vorhandene Hindernisse sofort bemerkt und der Bereich vor der entsprechenden Lanze ›freigekratzt‹ werden kann. So lässt sich die Art des Hindernisses feststellen und dieses problemlos entfernen. Auch die Start- und Zielbaugruben für den Stollenvortrieb in der Limburger Straße wurden mit einem lichten Durchmesser von 3,00 Meter in Spritzbeton errichtet. Insgesamt wurde der vorhandene Kanal über eine Länge von 200 Metern zurückge- baut und durch einen Steinzeugrohrkanal DN 500 erneuert. Der Ringraum zwischen dem Stollen und dem neu verlegtem Abwasserrohr wurde anschließend mit Dämmer verfüllt. Zuvor waren bereits die Haus- und Sinkkastenanschlüsse im Stollen auf den neuen Kanal umgeklemmt und die neuen Kanalrohre im Stollenquerschnitt gegen Auftrieb in Höhe und Lage gesi- chert worden. Baubegleitend zu den Erdarbeiten erfolgten regelmäßig archäologische Untersuchungen im Bereich des Stollenaus- bruches auf Grundlage des nordrhein-westfälischen Denk- malschutzgesetzes. Trotz der Kenntnisse des Römisch Germa- nischen Museums über eine römischen Fernstraße und eines Festungswerkes der Ehrentorbastion aus preußischer Zeit im Baustellenbereich wurden bei dieser Kanalbaumaßnahme jedoch keine bedeutsamen Funde oder archäologischen Auf- schlüsse gefunden bzw. gewonnen. Die Gesamtbaukosten für dieses Bauverfahren lagen bei drei Millionen Euro — ein deut- lich höherer Betrag als bei einer offenen Bauweise.

Wie die Qualität bei Kurzlinern gesichert werden kann Köln setzt seit mehr als zehn Jahren auf den Einsatz von Kurzlinern in der Kanalreparatur Thorsten Fuhrmann M. Eng Projektleiter Sanierungsmanagement Caroline Körner M. Eng Abteilungsleitung Sanierungsmanagement Im Jahr 2003 veröffentlichte die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) das erste tech- nische Regelwerk zu Kurzlinern in Deutschland. Mittlerweile wurde dieses Regelwerk entsprechend den Erfahrungen der Anwender und Hersteller überarbeitet, es kann heute als all- gemein anerkannte Regel der Technik angesehen werden. Zu- dem wurde die Anwendung um eine Zusätzliche Technische Vertragsbedingung (ZTV) erweitert. Auf ein Europäisches Re- gelwerk jedoch müssen die Anwender weiterhin warten. Prinzipiell ist der Ruf von Kurzlinern bei Kanalnetzbetreibern aufgrund von Qualitätsschwankungen sehr umstritten. Es gibt zahlreiche kommunale Betreiber, die gänzlich auf den Einbau von Kurzlinern verzichten. In Köln werden sie mittlerweile al- lerdings in einem erheblichen Umfang eingesetzt. Rund 12 Prozent der Reparaturverfahren in der Stadt sind Kurzliner. Die Erfahrungen, die dabei gemacht wurden, sind durchweg positiv, sowohl hinsichtlich des Preises als auch bezüglich der Qualität. Erreicht wurde dies durch eine detaillierte und sehr Schaden vor Kurzlinereinbau Kurzliner bei Abnahme Die Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR (StEB Köln) sind vergleichsweise erst relativ spät in die Reparatur und Renova- tion ihrer Kanalnetze eingestiegen. In Köln wurden die ersten umfangreichen Erfahrungen in der Anwendung von Repara- turverfahren in den Jahren 2007 bis 2010 gemacht. Bis dahin wurden Kanalanlagen in Köln mit wenigen Ausnahmen fast ausschließlich komplett erneuert. Andere Städte in Deutsch- land waren da bereits weiter. So hatte die Stadt Hamburg zu diesem Zeitpunkt schon weite Teile ihres Kanalnetzes saniert, auch andere Städte hatten bereits umfangreiche Erfahrungen in der Anwendung sammeln können. Für Köln hatte dies den Vorteil, auf den Erfahrungen anderer Kommunen und den daraus resultierenden technischen Entwicklungen aufbauen und die unterschiedlichen Sanierungsverfahren vergleichend anwenden zu können. fachkundige Planung sowie mittels Erfüllung der speziellen Anforderungen an die Fachkunde und Erfahrungen der Bau- ausführenden. Zudem wird die Einhaltung der Vorgaben bei der Bauausführung intensiv überwacht. Auch die deﬁ nierten Anfor- derungen an die Materiellen tragen zum Erfolg des Sanierungs- verfahrens bei. Dabei wird insbesondere auf eine akribische Überwachung der Vorarbeiten und des Einbaus inklusive einer späteren Gewährleistungskontrolle geachtet. Ohne die Fachkun- de aller Beteiligten und den Aufwand bei Planung, Vorbereitung und Einbau der Kurzliner müsste mit Einbußen in der Qualität und einem daraus resultierenden fehlerhaften Sanierungserfolg gerechnet werden. Das liegt vor allem daran, dass es sich bei einem Kurzlinereinbau um eine weitgehend händische Leis- tung handelt, die mit einer hohen Fehleranfälligkeit behaftet sein kann. Kurzliner haben allerdings auch besondere Vorteile und sind deutlich günstiger als die partiellen Erneuerungen. 16

Abb. 1: Kanalsanierungslänge der StEB Köln in km Abb. 2: Prozentuale Verteilung der Reparaturarten werden soll, durch einen Fräsroboter angeraut und gereinigt werden. Nur auf derart rauen Oberﬂ ächen haftet der Kurzli- ner optimal. Zudem muss das Abwasser für den Zeitpunkt des Einbaus zurückgehalten werden, um zu verhindern, dass der Kurzliner auf eine verunreinigte Oberﬂ äche geklebt wird. Im Anschluss kann aus den ›Rohstoffen‹ Glasfaser-Matte, Harz und Härter dann in verschiedenen Arbeitsschritten der Kurzli- ner hergestellt werden. Dazu wird die Glasfaser-Matte zunächst in den korrekten Maßen zurechtgeschnitten. Ist dies erfolgt, müssen Harz und Härter im exakten Verhältnis ausreichend lange gemischt wer- den. Die Qualität dieses Mischvorganges ist entscheidend für die spätere Qualität des Kurzliners. Werden die beiden Kompo- nenten nicht im exakten Verhältnis gemischt, können Bereiche entstehen, die nicht aushärten und zur Undichtheit führen. Zuschneiden der Glasfaser-Matte Qualitätssicherung beginnt schon bei der Bedarfsplanung Betrachtet man das Kölner Vorgehen zur Sicherung der Sanie- rungsqualität, so werden in allen Bearbeitungsphasen — von der Bedarfsplanung über die Planung und Bauvorbereitung bis zum Einbau — Weichen für die dauerhafte Qualität des Produktes Kurzliner gestellt. Bereits im Zuge der Bedarfsplanung müssen die Einsatz- grenzen der Kurzliner bekannt sein und berücksichtigt werden. So ist zum Beispiel der Einsatz von Kurzlinern in Ei-Proﬁ len zwar theoretisch möglich, in der Praxis aber oft nicht realisierbar. Grund dafür ist, dass zum einen nur relativ wenige Firmen ent- sprechende Packer in ihrem Programm haben. Zum anderen ist die Ausführung relativ schwierig. Dabei wird der Packer gleich- mäßig mit Druckluft beaufschlagt, im Kämpfer- und Scheitel- bereich des Ei-Proﬁ ls ist der Radius am größten. Hier schmiegt sich der Packer an die Wandung an. Problematisch wird es im Sohlbereich, wo der Radius so klein ist, dass der Packerdruck oftmals nicht ausreicht, um den Packer bis in die Sohle zu drü- cken. Härtet der Kurzliner in solchen Fällen aus, ›hängt‹ er im schlechtesten Fall in der Luft. Die Firmen müssen ihn dann in einem sehr aufwändigen Verfahren wieder herausfräsen und erneuern, wobei wieder die gleichen Risiken bestehen. Aus die- sem Grund bieten die meisten Firmen Kurzliner in Ei-Proﬁ len gar nicht erst an. Wichtig ist darüberhinaus, dass der Abstand vom Schacht bis zur Schadstelle so gering wie möglich ist. Je größer er ist, desto länger wird der nicht ausgehärtete Kurzli- ner über die Kanalsohle gezogen und verliert dabei Harz. Anzumerken ist, dass es sich beim Kurzliner ein Produkt handelt, das vollständig auf der Baustelle hergestellt und ein- gebaut wird. Dabei entsprechen die Ausgangsprodukte, wie Harz, Härter und Glasfasermatte, zwar den geforderten Stan- dards, die Qualität der weiteren Arbeitsschritte ist jedoch stark vom ausführenden Sanierer und dessen Erfahrung abhängig. Der Einbau der Kurzliner Soll ein Kurzliner hergestellt und eingesetzt werden, muss in der Vorbereitung der Sanierung die Stelle im Kanal, die saniert Tränkung der Glasfaser-Matte 17

Vorbereiteter Packer Befestigung auf dem Packer StEB Köln jedoch eine Mindest-Materialstärke von 3,5 Millimetern. Dies kann durch die Kombination von Mat- tenstärke und Lagigkeit nachvollziehbar erreicht werden. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Kurzliner trotz seiner Fehleranfälligkeit zu einem integralen Bestandteil der Kölner Kanalsanierung geworden ist. Im Vergleich zum Robotereinsatz stellt vor allem die abdichtende Wirkung über eine Fläche einen großen Vorteil dar. So sorgt die ﬂ ächige Ver- klebung auch bei komplexen Rissstrukturen oder unklaren Riss- verläufen für ein gutes und dauerhaftes Sanierungsergebnis. Ein Roboter hingegen saniert ›linienförmig‹, wobei ein Rissver- lauf aufgefräst und dieser dann verpresst wird. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, um den Automati- sierungsgrad bei Kurzlinern zu erhöhen. So werden seitens der Hersteller bereits erste Zwangsmischer für die Anmischung des Harzes verwendet. Diese dosieren die einzelnen Komponenten exakt und mischen das Harz über die geforderte Mindest- mischdauer. Darüber hinaus werden zunehmend Überlegun- gen angestellt, die Qualität indirekt zu überwachen. So könnte über eine Aufzeichnung des Packdruckes einerseits der Druck, andererseits aber auch die Aushärtezeit überwacht werden. Bei alledem wird der Kurzliner trotz seiner erheblichen Vorteile immer ein bauseits hergestelltes Produkt bleiben, sodass Feh- ler nur minimiert, aber nie vollständig ausgeschlossen werden können. Von jetzt an beginnt die chemische Reaktion der beiden Kom- ponenten und es verbleiben nur noch wenige Minuten für die restlichen Arbeitsschritte. In diesen muss die Glasfaser-Matte von beiden Seiten mit dem Harz-Härter-Gemisch getränkt wer- den, wobei das Harz-Härter-Gemisch nicht mit Laub verunrei- nigt oder durch Regen verdünnt wird. Ansonsten können, wie oben beschrieben, einzelne undichte Stellen entstehen. Die fertig getränkte Matte wird auf einem Packer befestigt, der in den Kanal eingebracht wird. Hier wird dieser mit dem notwendigen Druck aufgestellt. Nach einer ausreichend lan- gen Aushärtezeit kann der Luftdruck reduziert und der Packer entfernt werden. Die Glasfaser-Matte und das Harz-Härter-Ge- misch sind nun zu einem Kurzliner ausgehärtet und haben die Schadstelle im Kanal saniert. Der Kanal ist wieder dicht und standsicherer. Dass bei so vielen Arbeitsschritten auch Fehler auftreten, ist völlig normal. Um das entsprechende Risiko möglichst zu minimieren, wurden von den Fachingenieuren der StEB Köln folgende Instrumente der Qualitätssicherung installiert: • Der wichtigste Part der Qualitätssicherung ist eine eng- maschige Bauüberwachung, die die oben beschriebenen Aspekte überwacht und ggf. eingreift. • Das Vorfräsen muss in auf einem Arbeitsvideo doku- mentiert werden. So kann im Bedarfsfall nachvollzogen werden, ob die Kanalwandung ausreichend angeraut wurde • Kurzliner können mit verschiedenen Harzen hergestellt werden. Bei den StEB Köln wird mit Epoxidharz nur das hochwertigste Harz zugelassen. Versuchsergebnisse haben gezeigt, dass Epoxidharze auch auf feuchten und unzureichend vorgefrästen Untergründen noch gute Haftzugwerte erzielen. Außerdem härten sie im Gegen- satz zu anderen Harzen nahezu schrumpffrei aus. Laut Arbeitsblatt DWA-A 143-7 müssen Kurzliner eine Mindest-Materialstärke von 3,0 Millimetern aufweisen. Um zusätzliche Sicherheiten zu generieren, verlangen die • 18

Gemeinsam für die biologische Vielfalt Die StEB Köln sind Partner eines vorbildlichen Projektes zum Erhalt der Wechselkröte im Kölner Raum Thomas Ziegler Prof. Dr., AG Zoologischer Garten Köln Ruth Dieckmann AG Zoologischer Garten Köln Miguel Vences Prof. Dr., Lehrstuhl für Evolutionsbiologie, TU Braunschweig Christian Niggemann AG Zoologischer Garten Köln Elmar Schmidt NABU Naturschutzstation Leverkusen-Köln Anna Rauhaus AG Zoologischer Garten Köln Im Kölner Zoo aufgezogene Jungtiere der Wechselkröte. Photo: T. Ziegler In den letzten Jahren wurden sowohl in Köln als auch in der gesamten Kölner Bucht starke Bestandsrückgänge beobach- tet. Dabei war insbesondere an den Arealrändern ein hohes Aussterberisiko feststellbar. Ergebnis ist, dass die europaweit streng geschützte und deutschlandweit als gefährdet einge- stufte Art in NRW mittlerweile als stark gefährdet gilt. Die meisten der verbliebenen Kölner Vorkommen bestehen nur noch aus kleinen Populationen. Vornehmlich aufgrund von Habitatzerstörung, insbesondere der Laichgewässer, ist die Art in den vergangenen Jahrzehnten in Sekundärbiotope wie Kies- gruben oder andere vegetationsarme Flächen ausgewichen (Schmidt & Simon 2017). Vor diesem Hintergrund kommt der Stadt Köln eine beson- dere Verantwortung zu. Um die hier heimischen Populationen der Wechselkröte zu schützen, sind Kiesgruben und andere schütter bewachsene Flächen mit grabbaren Böden wie auch die ackergeprägte Feldﬂ ur mit geeigneten Laichgewässern von besonderer Bedeutung. Diese Lebensräume müssen jedoch gepﬂ egt werden, sonst wachsen sie zu. Einige von ihnen sind zudem durch die fortschreitende Siedlungsentwicklung bereits verschwunden. Hinzu kommt, dass kein genetischer Austausch mehr stattﬁ ndet, da die verbliebenen Habitate räumlich von- einander abgeschnitten sind. 19 »Kölsche Art in Not« — Poster zur Wechselkrötenausstellung und Auf- zuchtstation, mit der Wechselkröten-Comiczeichnung von Tierpﬂ eger Christian Niggemann vor den Türmen des Kölner Doms. Die Wechselkröte (Bufotes viridis) ist eine ausgesprochene Pi- onierbesiedlerin, die auf sonnigen, vegetationsarmen Flächen sich schnell erwärmende, ﬁ schfreie Gewässer unterschiedlicher Größe als Laichgewässer nutzt. Die vorwiegend kontinental verbreitete Art erreicht in Deutschland ihre nordwestliche Ver- breitungsgrenze (Günther & Podloucky 1996). Dies geschieht in Nordrhein-Westfalen (NRW), wo die Wechselkröte nur im Bereich der Kölner Bucht vorkommt. Sie stellt somit eine aus- gesprochene Tieﬂ andart dar (Glaw & Vences 1989, Vences et al. 2011). Das Vorkommen der Wechselkröte in Köln ist zudem bereits historisch belegt (Vences et al. 2003).

Errichtung eines neuen Laichgewässers in einem Kölner Schutzgebiet. Photo E. Schmidt Eischnüre der Wechselkröte in einem Kölner Laichgewässer. Photo T. Ziegler Daher hat die NABU Naturschutzstation Leverkusen-Köln ge- meinsam mit der Technischen Universität Braunschweig (TU Braunschweig) und dem Kölner Zoo seit 2016 ein Schutzkon- zept, um den Erhalt der Wechselkröte im Kölner Raum zu si- chern. Für das Projekt verantwortlich sind Elmar Schmidt von der NABU Naturschutzstation Leverkusen-Köln sowie Prof. Dr. Thomas Ziegler und sein Terrariumsteam für den Kölner Zoo. Prof. Dr. Miguel Vences von der Technischen Universität Braun- schweig unterstützt das Projekt mit genetischen Untersuchun- gen und seiner langjährigen Erfahrung in Sachen Amphibi- enkartierung und Amphibienschutz in Köln. Im Jahr 2018 sind auch die Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR (StEB Köln) dem Team beigetreten. Dabei haben sich die StEB Köln und der Kölner Zoo auch vertraglich dem Schutz der Wechselkröte auf Kölner Stadtgebiet verschrieben. Freilandarbeit und Schutzkonzept Doch wie sieht dieser Schutz konkret aus? Mit Hilfe von Arten- schutzmaßnahmen vor Ort werden die Restbestände der Wech- selkröte erhalten und gefördert sowie eine Wiederausbreitung der Art durch Anlage von Verbundstrukturen ermöglicht. Um Lebensräume zu erhalten oder neu zu schaffen, kommt der Pﬂ ege von Gewässern und dem Errichten neuer Biotope eine besondere Bedeutung zu. Bei den dazu durchgeführten Frei- landuntersuchungen ist die NABU-Naturschutzstation ein un- erlässlicher Partner. Seit Jahren bereits werden hier Gewässer für Wechselkröten angelegt und deren Landlebensräume im Stadtgebiet Köln gepﬂ egt. So entstanden seit 2014 über 40 Laichgewässer für die Wechselkröte in Feldﬂ uren sowie außer- halb und innerhalb von Naturschutzgebieten in Köln. In ihrer Verantwortung für sauberes Wasser kümmern sich die StEB Köln um die Kölner Bäche und die 15 Kölner Park- weiher. Dabei geht es nicht nur die Wasserqualität, sondern auch um die Renaturierung von Bachabschnitten, die Vorﬂ ut- sicherung an den Kölner Bächen sowie die Sanierung der Köl- ner Parkweiher und ihre Qualität für Tiere und Pﬂ anzen. Ge- 20 meinsam mit der NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln richten die StEB Köln darüber hinaus Biotope für eine Wie- deransiedlung mit aufgezogenen Wechselkröten ein. Hierbei spielen vor allem sogenannte Trittsteinbiotope eine wichtige Rolle. Sie vernetzen die vorhandenen Biotope miteinander und ermöglichen so einen Austausch. Ziel dieser Aktivitäten ist es, sowohl die Bestände der Wechselkröte zu erhalten als auch deren Lebensräume zu stabilisieren und die Populationsgröße zu erhöhen. Ursachenforschung und die Etablierung von Schutzmaßnahmen Am Anfang des Projekts stand die systematische Erfassung der noch vorhandenen Bestände der Wechselkröte in Köln. Um die- se effektiv durchführen zu können, wurden Studenten der Uni- versität Köln im Rahmen von Praktika und Examensarbeiten eingebunden. Im Rahmen der Bestandserfassung wurden Pro- ben in Form von Haut- und Mundhöhlenabstrichen der Wech- selkröten genommen, um diese später auf mögliche Krank- heitserreger und die genetische Verfassung der Populationen untersuchen zu können. So wird es möglich, weiteren Aufschluss über die Ursachen des Rückgangs zu erhalten. Die Logistik und Betreuung erfolgte in Zusammenarbeit der TU Braunschweig, des Kölner Zoos und der Universität zu Köln sowie der NA- BU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln. Im Jahr 2016 wurde eine erste Bachelorarbeit zum Thema an der Universität Köln durchgeführt, Thema war die Populationserfassung und das Bedrohungspotential der Wechselkröte im Kölner Raum. Wei- tere Studien folgten, beispielsweise zur Charakterisierung der Wechselkrötenlaichgewässer, zur Populationsgenetik und zur Bedrohung durch den Befall mit dem die Amphibien weltweit bedrohenden Amphibienchytridpilz (Batrachochytrium dendro- batidis). Diese Ursachenforschungen bilden die Grundlage für eine bessere Einschätzung der Gefährdungslage und für die Erarbeitung passgenauer Schutzmaßnahmen. Dabei trägt jede neue Erkenntnis zur Populations- und Gefährdungsanalyse, der

Wechselkrötenlarven im Kaulquappen-Aquarium, zu sehen in der Aus- stellung und Aufzuchtstation im Kölner Zoo. Photo T. Ziegler Wechselkröte im Erwachsenen-Terrarium, zu sehen in der Ausstellung und Aufzuchtstation im Kölner Zoo. Photo T. Ziegler Untersuchung der genetischen Gesundheit und der Habitatbe- schaffenheit und -verfügbarkeit dazu bei, das bereits skizzierte Schutzkonzept zu optimieren. Erste Forschungsergebnisse sol- len in Kürze der Öffentlichkeit vorgestellt werden, exempla- risch sei hier eine aktuelle Publikation zur Populationsstruktur der Kölner Wechselkröten (Vences et al. 2019) genannt. Aktu- ell wird zudem an einer Auswertung des Amphibienchytridpilz- Screenings gearbeitet, welches neben der Wechselkröte auch andere Amphibien einschließt. Wechselkrötenausstellung und Aufzuchtstation Parallel dazu hat der Kölner Zoo gemeinsam mit den StEB Köln eine Ausstellung zu Biologie und Bedrohung der Wechselkröte aufgebaut. Diese stellt zugleich separate Hälterungen für eine geschützte Aufzucht von Laich und Larven dar, um die rück- läuﬁ gen natürlichen Bestände zu stabilisieren. Dazu bringen Mitarbeiter der NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln zu Beginn der Fortpﬂ anzungszeit Larven in die Nachzuchtstation. Die unter optimalen Bedingungen aufgezogenen Jungkröten werden zum Saisonende wieder in die Natur zurückgebracht, um bestandsbedrohte, natürliche Populationen der Wechsel- kröte zu stützen (›aufzustocken‹) sowie neu angelegte Laich- gewässer mit Wechselkröten zu ›impfen‹. Auf diese Art und Weise werden zugleich sogenannte ›Trittstein-Populationen‹ initiiert. Dabei ist auch genügend Platz für die Unterbringung und Aufzucht von Austrocknungsopfern vorhanden, die in der Natur keine Chance gehabt hätten. Bereits zum Projektstart im Jahr 2016 konnten insgesamt 179 im Kölner Zoo aufgezo- gene Jungkröten wieder in ihren Lebensraum zurückkehren. So wird vermieden, dass sie im Larvenstadium Fressfeinden zum Opfer fallen. Darüber hinaus wurden im gleichen Jahr tempo- räre Unterbringungsmöglichkeiten für rund 550 Wechselkrö- tenlarven — zu diesem Zeitpunkt allerdings noch hinter den Kulissen der Terrarienabteilung — zur Verfügung gestellt, die sonst durch das Austrocknen ihrer Gewässer verendet wären. Auch sie konnten anschließend an anderen Stellen wieder in die Natur entlassen werden. Wechselkrötenausstellung und Aufzuchtstation im Kölner Zoo, Photo T. Ziegler 21

Eröffnung der Wechselkrötenausstellung und Aufzuchtstation sowie die Auszeichnung durch die UN Dekade Biologische Vielfalt am 20. Mai 2019. Von links nach rechts: Christopher Landsberg (Kaufmännischer Vorstand, Kölner Zoo), Otto Schaaf (Vorstand StEB Köln), Ralph Caspers (TV Moderator und prominenter UN Dekade Botschafter), Prof. Theo B. Pagel (Zoo- direktor), Prof. Dr. Karl Heinz Erdmann (Bun- desamt für Naturschutz, Bonn), Elmar Schmidt (NABU Naturschutzstation Leverkusen-Köln), Ruth Dieckmann (Zoopädagogin), Prof. Dr. Thomas Ziegler (Kurator und Projektzuständi- ger des Kölner Zoos). Photo A. Rauhaus Die am 20. Mai 2019 eröffnete Ausstellung im Obergeschoss des Aquariums des Kölner Zoos erläutert die Projekthinter- gründe sowie die Biologie und Bedrohung der Wechselkröte. Zur Aktivitätszeit der seltenen Art kann der Besucher in zwei Aquaterrarien die verschiedenen Entwicklungsstadien nach- verfolgen und in einem zusätzlichen Terrarium ausgewachse- ne Wechselkröten sehen. Zugleich ermöglicht die Ausstellung einen Blick ›hinter die Kulissen‹ der Aufzuchtstation, wo ein Tierpﬂ eger Christian Niggemann, der mit viel künstlerischen Geschick die Kröte zu einem Sympathieträger entwickelt hat. Gemeinsam mit der Revierpﬂ egerin Anna Rauhaus und dem restlichen Terrariumsteam kümmert er sich auch um die Auf- zucht der Kaulquappen und Jungkröten. Begleitet wird die Wechselkrötenausstellung von einer multimedialen Projektion zu den Themen Wechselkröte, Arten- und Umweltschutz sowie Gewässerschutz. Darüber hinaus wurde ein Informationsblatt In der kalten Jahreszeit, wenn die Wechselkröten inaktiv sind und überwintern, weisen diese Schilder die Besucher darauf hin, dass Kaulquappen und Kröten erst wieder ab dem Frühjahr zu sehen sein werden. Zeichnungen: C. Niggemann separates Aufzuchtregal mit neun Wannen à 45 Liter Fas- sungsvermögen bereitsteht, um größere Mengen an Laich be- ziehungsweise Larven aufziehen zu können. Ein weiteres Regal mit vier Terrarien dient der Aufzucht metamorphosierter, also fertig umgewandelter Jungkröten. So können Besucherinnen und Besucher auch die Arbeitsweise der Tierpﬂ eger und die Funktionsweise einer Aufzuchtstation erleben. Es wird exem- plarisch sichtbar, mit wie viel Aufwand und Logistik die Auf- zucht bedrohter Arten betrieben wird, zumal es im Aquarium des Kölner Zoos neben den hier beschrieben noch eine Viel- zahl weiterer Auf- und Nachzuchtbereichen gibt. Ein besonde- rer ›Botschafter‹ der Ausstellung sind Comic-Zeichnungen von 22 zum Projekt entwickelt, das zugleich auch Teil der Artenschutz- broschüre des Kölner Zoos ist. Auszeichnung als ofﬁ zielles Projekt der »UN-Dekade Biologische Vielfalt« Anlässlich der Eröffnung der Gemeinschaftsausstellung und Aufzuchtstation wurde das Projekt »Artenschutz für die Wech- selkröte in Köln« am 20. Mai 2019 als ofﬁ zielles Projekt der »UN-Dekade Biologische Vielfalt« ausgezeichnet. Übergeben wurde die Auszeichnung durch Prof. Dr. Karl Heinz Erdmann

Auszeichnung des Projekts »Artenschutz für die Wechselkröte in Köln« durch die UN-Dekade Biologische Vielfalt. Dieses Informationsblatt ist Teil der Artenschutzbroschüre des Kölner Zoos. Es verweist auf die Vielschichtigkeit des Wechselkrötenschutzprojektes in Köln und informiert über seine Akteure und ihre Aufgaben. vom Bundesamt für Naturschutz in Bonn, der gemeinsam mit dem bekannten Fernsehmoderator, Autor, Drehbuchautor und Schauspieler Ralph Caspers die UN Dekade Biologische Viel- falt vertrat. Auch in Zukunft kommt der Wechselkröte der Status einer Flaggschiffart für die biologische Vielfalt in Köln zu. Durch Artenschutzmaßnahmen wie das Anlegen von Gewässern werden zudem auch andere Tierarten geschützt — ein wich- tiger Beitrag zur Sicherung der biologischen Vielfalt in Köln. Darüber hinaus können moderne Analysemethoden wie die hier dargestellten wesentlich zum besseren Verständnis der Rückgangsursachen und der Entwicklung und Anpassung wirksamer Schutzkonzepte beitragen. Vor diesem Hintergrund ist das Gemeinschaftsprojekt ein Vorzeigebeispiel dafür, wie Forschung und Artenschutz effektiv zusammenwirken und den lokalen Erhalt der Wechselkröte maßgeblich voranbringen kön- nen. Der Ansatz ist somit ein weiteres erfolgreiches Beispiel für den »One Plan Approach«, der von der Weltnaturschutzorgani- sation (IUCN) unterstützt wird und darauf abzielt, zum Schutz bedrohter Tierarten verstärkt integrative Strategien zu entwi- ckeln, die das kooperative Zusammenwirken von in situ und ex situ Maßnahmen und Expertengruppen befördern. Abschließend möchten sich die Autoren dieses Beitrags bei den Vorständen des Kölner Zoos (Prof. Theodor B. Pagel, Chris- topher Landsberg) und der StEB Köln (Otto Schaaf) für ihre Unterstützung bei der Realisierung des Projekts bedanken. Der Dank geht zudem an Birgit Konopatzki, Andrea Broeder, Volker Luedicke, Rafael Vedder und Holger Weiffen (alle StEB Köln) so- wie an Veronika Dunkel und Elke Schlepütz (beide Wasserschu- le Köln) für die ausgezeichnete Zusammenarbeit. Ohne Klaus Simon (Köln), den Einsatz der Studenten der Universität Köln und des Laborteams der TU Braunschweig, das die genetischen und Chytridpilz-Analysen durchführte, sowie das Werkstatt- steam des Kölner Zoos, die beim Aufbau der Ausstellung gehol- fen haben, wäre der Erfolg des Projekts nicht möglich gewesen. Unser Dank gilt auch dem Graﬁ kbüro Olaf Schulz, Creative Net- worx, für die Gestaltung der Ausstellung und des Posters. Last but not least gilt ein Dank auch den weiteren Pﬂ egerinnen und Pﬂ egern der Terrarienabteilung: Joana Kuchenbecker, Rebecca Wolf und Alexander Rosenthal. Literatur Glaw, F. & M. Vences (1989): Zur Verbreitung von Wechselkröte (Bufo viridis Laurenti, 1768) und Kreuzkröte (Bufo calamita Laurenti, 1768) im Nördlichen Rheinland. — Jahrbuch für Feldherpetologie 3: 61–75. Günther, R. & R. Podloucky (1996): Wechselkröte — Bufo viridis Laurenti, 1768. — pp. 322–343 in: Günther, R. (Hrsg.): Die Amphibien und Rep- tilien Deutschlands. — Jena, Stuttgart, Lübeck, Ulm (Gustav Fischer), 825 pp. Schmidt, E. & K. Simon (2017): Artenschutz für die Wechselkröte in Köln. — Feldherpetologisches Magazin, 8: 27–35. Vences, M., J. Becker, H. Sauer & F. Glaw (2003): Verbreitung und Be- standssituation der Wechselkröte (Bufo viridis) in Nordrhein-Westfa- len. — pp. 77–84 in Podloucky, R. & U. Manzke (eds.), Verbreitung und Ökologie der Wechselkröte (Bufo viridis). — Mertensiella 14. Vences, M., F. Glaw & M. Hachtel (2011): Wechselkröte — Bufo viridis. — In: Hachtel, M., M. Schlüpmann, K. Weddeling, B. Thiesmeier, A. Gei- ger & C. Willigalla for the Arbeitskreis Amphibien und Reptilien NRW (eds): Handbuch der Amphibien und Reptilien Nordrhein-Westfalens. — Laurenti Verlag, pp. 667–688. Vences, M., Perl, R.G.B., Giesen, K., Schluckebier, R., Simon, K., Schmidt, E., Steinfartz, S. & T. Ziegler (2019) Development of new microsatellite markers for the Green Toad, Bufotes viridis, to assess population struc- ture at its northwestern range boundary in Germany. — Salamandra, 55(3):191-198. 23

»Hand in Hand« für mehr Planungssicherheit Ein Zwischenbericht zur stadtweiten Koordinierung von Baumaßnahmen in Köln aus Sicht der StEB Köln Zdenko Katicic Sachgebietsleiter Zentrale Aufgaben, StEB Köln Sandra Maiwald Abteilungsleiterin Zentrale Aufgaben, StEB Köln Baumaßnahmen tragen für die meisten Unternehmen nicht zur Gewinnmaximierung bei. Gleichwohl sind sie Ausdruck eines Zukunftsgedankens, einer Vision, die den Fortbestand des Unternehmens in unterstützender Weise sichern soll. Meist erfolgt dies über Beiträge zur Infrastruktur und zur Daseinsvor- sorge: Die wichtigsten Themen in diesem Zusammenhang sind Wasser, Energie, Verkehrswege oder Kommunikation. So vielfältig derartige Zukunftsvisionen sind, so zahlreich sind auch die Baumaßnahmen in Köln. Dass diese zu Störun- gen und Einschränkungen im Verkehrsﬂ uss führen, wird tag- täglich hautnah erlebbar. Der daraus resultierende Konﬂ ikt zwischen den Verursachern der Baumaßnahmen und den Ver- kehrsteilnehmern ist nicht neu, sondern seit Jahren bekannt. Um ihn zu lösen, bedarf es einer Menge guter Ideen und Ener- gie seitens aller Beteiligten. Da jedes Unternehmen in seinen eigenen Strukturen agiert und wirtschaftet, werden entspre- chende Projekte ressourcenorientiert im verfügbaren Rahmen initiiert und umgesetzt. Dabei ﬂ ießen stets auch Aspekte der Firmenstrategie, der Politik und der Rechtsprechung mit ein. Auch die StEB Köln investieren an rund 100 Baustellen pro Jahr im Verkehrsraum in ein zukunftssicheres Kölner Kanalnetz. Der Verkehrskalender der Stadt Köln gibt allein für das Jahr 2019 insgesamt 836 Verkehrsbeeinträchtigungen aus — in den meis- ten Fällen durch Baumaßnahmen. Zu deren Koordinierung und somit zur Reduzierung der Störquellen im Stadtgebiet dienen bereits seit Jahren unterschiedliche Kommunikationsrunden, die längst Bestandteil der unternehmensinternen Jahresroutine sind. Inhaltlich befassen sie sich mit Themen wie Sommer- oder Großbaustellen, Bauen im Quartier sowie Baustellen im Umfeld von Großveranstaltungen und Baustellen im Allgemeinen. Je nach Thema variiert die Zusammensetzung der jeweiligen Run- den. Sie alle verfolgen das Ziel, Baumaßnahmen abgestimmt umzusetzen, Störungen zu minimieren und den Verkehrsﬂ uss in Köln möglichst aufrecht zu erhalten. Dies kann nur Hand in Hand .und mit einem gemeinsamen Grundverständnis für die Belange, Perspektiven und Zwangs- punkte der einzelnen Beteiligten erfolgreich funktionieren. Das dazu notwendige Grundverständnis wurde 2013 unter dem Ar- beitstitel Baumaßnahmenkoordination 1.0 — kurz BMK 1.0 — zwischen den Stadtwerken und den StEB Köln deﬁ niert. Es wird aktuell in der BMK 2.0 inklusive der Stadt Köln weitergeführt. 24 Abb. 1: Die unterschiedlichen Arbeitsgruppen der Baumaßnahmen- koordination 2.0 auf einen Blick Was ist die Baumaßnahmenkoordination 2.0? Bereits seit 2016 wurde nach Lösungen gesucht, die Abstim- mung zwischen den beteiligten Unternehmen transparent und unter vertretbarem Aufwand in die jeweiligen Unterneh- mensprozesse zu integrieren. Unterstützt wurde dies durch ein geographisches Informationssystem, wobei die Arbeitsfelder ›Prozesse‹; ›Daten‹ und ›System‹ unter Federführung der Rhein- energie betrachtet und parallel bearbeitet wurden. So entstand auf der Internetplattform ›Infrest‹ ein Baustel- lenatlas für das Stadtgebiet Köln mit Baumaßnahmen der be- teiligten und vertraglich eingebundenen Unternehmen. Das gemeinsame Vorgehen wurde verpﬂ ichtend festgeschrieben und intensiv getestet. Dabei bezieht sich das gemeinsame Ver- ständnis einerseits auf Maßnahmen, die mit Straßenaufbruch im öffentlichen Verkehrsnetz liegen und eine Beeinträchtigung des Verkehrsﬂ usses, insbesondere auf dem mobilitätsrelevan- ten Verkehrsnetz — kurz MRV-Netz — verursachen, Zum andere kommt es auch bei Vorhaben zum Tragen, die eine signiﬁ kante und/oder länger als fünf Tage andauernde Beeinträchtigung erzeugen. Wichtig ist, dass die jeweiligen Maßnahmen plan- bar sind und in ihrer Abstimmung einen monetären Vorteil ergeben.

gebnis wird in das System eingetragen, damit der Informati- onsﬂ uss sichergestellt und neuen Koordinationsteilnehmern ein Überblick ermöglicht wird. Die operative bauliche Umset- zung der identiﬁ zierten Maßnahmen erfolgt außerhalb des Systems. Seit 1. Januar 2019 ist der Baustellenatlas unter Federfüh- rung der Stadt Köln in Betrieb. Die Erfahrungen aus dem Test- betrieb zeigen, dass die frühzeitige Darstellung der Projekte wesentliche Vorteile erzeugt. Zudem wird nur so sichergestellt, dass weitere Teilnehmer im Kölner Stadtgebiet einbezogen werden können. In der Regel sind frühzeitige Darstellungen mit einhergehenden Schätzungen des Bauzeitraums zunächst ungenau, sie werden mit dem nahenden Baubeginn jedoch immer genauer. Vor diesem Hintergrund müssen ausreichende Reservezeiten eingeplant werden, um Baurisiken besser auf- fangen zu können und eine verkehrsverträgliche Bauablauf- planung aufzustellen, ohne die Bauzeiten zu verlängern. Dies beinhaltet auch die Organisation der Datenerfassung und Ein- gabe in die bereitgestellten IT-Systeme. Voraussetzung hierfür ist, dass alle zugänglichen Informationen über Baumaßnah- men so aufbereitet werden, dass die bauausführenden Stellen Abb. 4: Exemplarische Übersicht (Dashboard) des Baustellenatlas ihre Bautermine optimal planen und festlegen können. Darauf aufbauend kann eine optimale zeitliche und räumliche Ab- wicklung der Maßnahme erfolgen, so dass Verkehrsteilnehmer nicht mehr als unbedingt notwendig durch Einschränkungen behindert werden. Nur eine solche Planungssicherheit gewährleistet eine efﬁ - ziente Koordinierung. Sie wird erreicht, wenn alle planbaren Maßnahmen von verkehrlicher Bedeutung digital erfasst und in das System eingespeist werden können. Doch bei aller Ko- ordinierung: Eine Baustelle bleibt eine Baustelle und somit anfällig für unvorhersehbare Entwicklungen. Dennoch ist es enorme Unterstützung, wenn viele Beteiligte bei der Koordi- nation von Baumaßnahmen in Köln eng miteinander vernetzt sind, Nachhaltige Erfolge können diesbezüglich nur erreicht werden, wenn alle Beteiligten an Bord sind. 25 Abb. 2: Auszug aus dem Baustellenatlas der Firma Infrest Wie wird koordiniert? Alle Maßnahmen, die die vereinbarten Kriterien erfüllen, wer- den monatlich im Baustellenatlas hochgeladen. Bei geogra- phisch überlappenden Vorhaben erzeugt das System dabei automatisch Anfragen zur Koordination. Damit Projekte in unmittelbarer Nähe koordiniert werden können, werden alle Maßnahmen georeferenziert dargestellt. Innerhalb eines be- stimmten Abstandes gilt eine Koordination aus Sicht einer abgestimmten Verkehrsführung als zwingend, damit negative Verkehrsauswirkungen ausbleiben. Dazu erhalten eigens de- ﬁ nierte Ansprechpartner per Email entsprechende Überlap- pungsmeldungen aus dem System. Dies sorgt dafür, dass die Aufforderung zur direkten Kommunikation mit den Ansprech- partnern der zu koordinierenden Unternehmen auf kurzem Weg veranlasst wird. Ein wertvoller Aspekt der Baustellenkoordination ist auch die frühzeitige Information über die Baumaßnahmen. So kön- nen unvorhergesehene Maßnahmen in deren Umgebung in den Planungen berücksichtigt werden. Das Abstimmungser- Abb. 3: Exemplarischer Auszug aus dem Baustellenatlas

Die vierte Reinigungsstufe Die StEB Köln testen Verfahren zur Reduzierung von Spurenstoffen in Gewässern Manuel Hartenberger Dipl.-Ing., Verfahrenstechnik und Entsorgung, StEB Köln Das Thema Spurenstoffe in Gewässern beschäftigt Wasserwirt- schaft und Wissenschaft seit Jahren gleichermaßen. Als Be- gleiterscheinung des stetig wachsenden Konsums in unserer Gesellschaft wird der Eintrag anthropogener Spurenstoffe in die Gewässer immer größer. Exemplarisch seien hier Medikamen- tenrückstände, Industriechemikalien, Pﬂ anzenschutzmittel oder hormonwirksame Stoffe genannt. Der Fortschritt in der Analyse- technik — zum Beispiel hinsichtlich der Detektion von Geringst- konzentrationen — hat maßgeblich dazu beigetragen, das Wis- sen über die Auswirkungen von Spurenstoffen in Gewässern zu steigern. Die Vielzahl der Stoffe und die Möglichkeit auf- tretender Wechselwirkungen zwischen den Stoffen (›Cocktail- wirkung‹) erschweren es jedoch, abschließende Bewertungen zum Thema zu treffen. Unstrittig ist dabei, dass es Stoffe gibt, die im Gewässer ökotoxisch auf die Fauna wirken können und dass unter bestimmten Bedingungen auch eine Beeinträchti- gung der menschlichen Gesundheit über die Nahrungskette zu befürchten ist. Zugleich wird eine zunehmende Anreicherung (›Akkumulation‹) von Spurenstoffen in aquatischen Systemen beobachtet. Wie groß das Problem der Spurenstoffbelastung in unseren Gewässern werden könnte, ist trotz einer Vielzahl an Untersuchungen bislang nicht exakt vorhersehbar. Daher erscheint es umso wichtiger, Ansätze zu erarbeiten, um den Eintrag der Spurenstoffe in die Gewässer zu begrenzen. Aktuell werden vor dem Hintergrund einer fehlenden »Nati- onalen Mikroschadstoffstrategie« in Deutschland von Bundes- land zu Bundesland unterschiedliche Lösungsansätze verfolgt. Dabei setzt Nordrhein-Westfalen (NRW) auf einen ›Stakehol- der-Dialog‹, um gemeinsam mit den maßgeblichen Akteuren Konzepte zu erarbeiten, die eine freiwillige Selbstverpﬂ ichtung von Anlagenbetreibern und Herstellern favorisieren. Eine nati- onal verbindliche Vorgehensweise im Umgang mit dem Spu- renstoffproblem ist derzeit nicht in Sicht. Da Spurenstoffe nicht oder nur in unzureichendem Maße mit konventioneller Klärtechnik aus dem Abwasser entfernt werden können, spielen die Kläranlagen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Verfahren zur Reduzierung des Ein- trags in die Gewässer. Hier stehen auch die StEB Köln als einer der größten Abwasserbetriebe in Deutschland in der Verant- wortung, um schädigende Auswirkungen auf Mensch und Um- welt zu unterbinden. Daher engagieren und beteiligen sie sich seit 2012 aktiv an Untersuchungen für das optimale Verfahren einer vierten Reinigungsstufe. Sie widmen sich damit im Rah- men ihrer Möglichkeiten der Bekämpfung von Spurenstoffen im Kölner Abwasser. 26 Das Projekt »AdOx Köln« Seit Frühjahr 2017 wird im Zuge des Projekts »AdOx Köln« die Ef- fektivität einer vierten Reinigungsstufe anhand einer großtech- nischen Pilotanlage im Klärwerk Köln-Rodenkirchen untersucht. Das Projektkürzel steht für die beiden Verfahren, die zur Spuren- stoffentfernung in der Versuchsanlage zum Einsatz kommen: die Adsorption an granulierter Aktivkohle und die Oxidation mittels Ozonung. Beide Verfahren werden getrennt voneinander getes- tet. Abschließend sollen die Ergebnisse dann planerisch für eine mögliche Umrüstung weiterer Filteranlagen — beispielsweise im Großklärwerk Köln-Stammheim — übertragen werden. Das Projekt wird vom Umweltministerium des Landes NRW (MULNV NRW) zu 80 Prozent gefördert und hat ein Gesamtvolumen von rund 3,3 Millionen Euro. Der Abschlussbericht zu »AdOx Köln« soll Ende 2019 veröffentlicht werden. Als eines der Ergebnisse wird in Abbildung 1 ein Vergleich zur Wirksamkeit der beiden untersuchten Verfahren dargestellt: In Abbildung 1 wird somit die Spurenstoffelimination des großtechnischen Aktivkohleﬁ lters (GAK; linke Seite des Dia- gramms) im Vergleich zur großtechnischen Ozonung (rechte Seite des Diagramms) erkennbar. Auf der Y-Achse ist dabei die Anzahl der untersuchten Spurenstoffe sowie der Grad ihrer Eliminierung aufgetragen. Für die Aktivkohle wird auf der X- Achse die Relation zu den durchgesetzten Bettvolumina (BV) sichtbar — das heißt, wie viel Kubikmeter Abwasser pro Kubik- meter Aktivkohle durchgesetzt wurden. Wichtig ist dies, da die Eliminationsleistung der GAK-Filtration maßgeblich von den durchgesetzten Bettvolumina bestimmt wird. Bei 5000 BV wur- den noch zehn der elf untersuchten Stoffe mehr als 80 Prozent eliminiert, wohingegen es bei Versuchsende mit rd. 40 500 BV nur noch zwei Spurenstoffe waren. Grund hierfür ist die zuneh- mende ›Beladung‹ der Aktivkohle über den Versuchszeitraum, was wiederum Rückschlüsse auf deren Lebensdauer bis zum nächsten Austausch zulässt. Diesbezüglich gibt es jedoch noch keine gesetzlichen Vorgaben. Betrachtet man das Verfahren der Ozonung, so wird auf der X-Achse die speziﬁ sche Ozondo- sis in Milligramm, bezogen auf die organische Verschmutzung (mg O3 pro mg DOC), aufgetragen. Dabei zeigt sich, dass bei niedrigen Ozondosen die Elimination bei nahezu allen Spuren- stoffen unter 50 Prozent liegt. Erst mit steigender Ozondosis werden bessere Eliminationsraten erzielt, wobei eine der Ozo- nung nachgeschaltete biologische Nachbehandlung die Wirk- samkeit des Verfahrens noch erhöht. Abbildung 2 verdeutlicht die stoffspeziﬁ sche Eliminationswirkung beider Verfahren.

Großtechnische Pilot- anlage im Klärwerk Köln-Rodenkirchen Beim Vergleich der Mittelwerte und Standardabweichungen zu den Eliminationsraten der untersuchten Stoffe wird ersichtlich, dass sich bestimmte Spurenstoffe durch das eine Verfahren besser reduzieren lassen als durch das andere. Während sich beispielsweise Sulfamethoxazol mit der Ozonung gut eindäm- men lässt, weist die Aktivkohleﬁ ltration für diesen Stoff eher schlechte Eliminationsgrade auf. Analog lassen sich Stoffe wie 1-H-Benzotriazol besser mit der Aktivkohle zurückhalten als mit der Ozonung. Beide Verfahren wirken daher sehr stoffspe- ziﬁ sch. Die orangene Linie zeigt die Abgrenzung zur Wirksam- keit des speziﬁ schen Stoffrückhalts im Vergleich beider Verfah- ren auf. Zudem veranschaulicht Abbildung 2 wird, dass bei höheren Ozondosen auch tendenziell mehr Transformations- produkte (TP), also nicht vollständig abgebaute Spurenstoffe, entstehen. Dies unterstreicht die Bedeutung einer biologi- schen Nachbehandlung, um das Ausmaß der entstehenden Transformationsprodukte bei der Ozonung zu reduzieren. Abb. 1: STOFFSPEZIFISCHE WIRKSAMKEIT: Einordnung der Eliminationsleistung der untersuchten Verfahren Ozonung und Aktivkohleadsorption [NB = biologische Nachbehandlung, TP = Transformationsprodukte] 27

Abb. 2: ELIMINATIONSLEISTUNG IM VERGLEICH: Ergebnisvergleich zwischen den Verfahren der Ozonung und Aktivkohleadsorption (GAK), [BV = Bettvolumina, EBTC = Kontaktzeit, O3 = Ozonung, NB = biologische Nachbehandlung] Literatur: SCHÖLZEL, S.; KOHLGRÜBER, V; BAUR, B.; HARTENBERGER, M. (2019): Ergebnisse des Betriebs einer 4. Reinigungsstufe auf der Kläranlage Köln Rodenkirchen (AdOx Köln) — Vortrag auf der Fachtagung »20. Kölner Kanal und Kläranlagen Kolloquium« vom 12. September 2019 im Maternushaus Köln BRANDENBURG, H.; BENSTÖM, F.; HARTENBERGER, M. (2018): Umbau einer Kölner BIOFOR®-Filtrationsanlage zur 4. Reinigungsstufe — Vor- trag auf der Fachtagung »Arzneimittel und Mikroschadstoffe in Ge- wässern« vom 19. Juni 2018 in Rheinterrasse Düsseldorf BENSTÖM, F.; KEYSERS, C.; LINNEMANN, V.; BRESSLING, J.; PINNEKAMP, J.; NIEHOFF, H.; MAUER, C. ARMBRUSTER, M.; DITTMANN, R.; ROTZ- SCHE, I.; HARTENBERGER, M.; BAUR, B.; POPPE, A.; BOMBA, A. (2013): Umrüstung der Kölner BIOFOR-Flockungsﬁ lter auf Spurenstof- felimination (AdOx Köln) — Abschlussbericht Phase 1, gerichtet an das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV NRW) Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sowohl die Ozonung als auch die Aktivkohleﬁ ltration geeignet sind, um Spurenstoffe aus dem Kölner Abwasser zu entfernen. Hinsichtlich der Über- tragung auf das Großklärwerk Köln-Stammheim kann folglich keine klare Präferenz getroffen werden. Ein Blick in die Zukunft Um für die Aufgaben der Zukunft gerüstet zu sein, verfolgen die StEB Köln derzeit die Planung eines Kombinationsverfah- rens aus Ozonung und nachgeschalteter Aktivkohleﬁ ltration, dessen Umsetzung und Untersuchung für das Jahr 2020 ange- strebt wird. Dadurch erhoffen sich die StEB Köln mehr Flexibi- lität im Anlagenbetrieb, um auch auf mögliche weitere Aufbe- reitungsziele reagieren zu können. Zudem setzen sie auf eine Verlängerung der Lebensdauer des Aktivkohleﬁ lters, was sich positiv auf die Betriebskosten der Anlagen auswirken würde. Die vierte Reinigungsstufe allein wird allerdings nicht aus- reichend sein, um saubere Gewässer zu gewährleisten, da es auch eine Vielzahl von Einträgen aus Quellen wie Landwirt- schaft und Luftemissionen gibt. Um hier erfolgreich wirken zu können, ist es notwendig, kritische Stoffe möglichst gar nicht erst in den Verkehr zu bringen. Dazu bedarf es einer gezielten Informationspolitik, um das Kaufverhalten der Verbrauche- rinnen und Verbraucher entsprechend ausrichten zu können. Parallel dazu wird weiterhin untersucht, welche Maßnahmen entlang der Gewässer am wirkungsvollsten sind. Dabei sind Bund und Land gleichermaßen gefordert. 28

Weniger Verschwendung, mehr Efﬁ zienz Mit Lean Construction wollen die StEB Köln Planungsabläufe in Bauprojekten verbessern — ein Gespräch mit Jürgen Becker, Lean-Experte und stellvertretender Vorstand der StEB Köln Manfred Kasper Journalist, Köln Herr Becker, was ist Lean Construction? Becker: Der Begriff Lean Construction beschreibt die Anwen- dung der Werkzeuge des Lean Management auf das Bauwe- sen. Dabei werden in anderen Bereichen bereits erfolgreich angewandte Prinzipien aufgegriffen und adaptiert. Ziel ist eine Efﬁ zienzsteigerung und eine optimierte Projektplanung bei Bauvorhaben. Wie muss ich mir das bei den StEB Köln vorstellen? Becker: Im Prinzip werden einzelne Elemente der Methode be- reits bei konkreten Vorhaben angewendet, beispielsweise beim Umbau der Kläranlage in Köln-Rodenkirchen. Da geht es un- ter anderem darum, welche Gewerke wo, wie und wann auf der Kläranlage durchgeführt werden und wie dabei Synergien genutzt werden können, um insgesamt mehr Efﬁ zienz — zum Beispiel weniger Bauablaufstörungen — zu erreichen. Ist es das, was Lean Construction ausmacht? Becker: Lean Construction arbeitet mit einer Rückwärtspla- nung und beginnt mit der Frage, wann soll das Bauwerk fer- tig sein. Von dort aus wird rückwärts ein Zeitplan aufgestellt, der permanent und in kurzen Abständen von den Beteiligten überprüft und aktualisiert wird. Das steht im Gegensatz zur heutigen, überwiegend vorwärts gerichteten Planungsweise. Welche Philosophie steht dahinter? Becker: Lean Construction ist ein dynamischer Prozess und eine multilaterale Diskussion zwischen allen Stakeholdern, bei der Entscheidungen und Terminzusagen transparent für alle dokumentiert und über Kennzahlen nachgehalten werden. Jeder Beteiligte weiß genau, wann sein Baubeginn ist und kann darauf vertrauen, dass die vorherigen Gewerke auch tat- sächlich beendet worden sind. Das sorgt dafür, dass man ein Bauprojekt zuverlässig planen und durchführen kann. Das be- kannteste Beispiel für die erfolgreiche Anwendung von Lean Construction im Bauwesen ist der Terminal 5 des Londoner Flughafens Heathrow, der komplett im Rahmen des vorgesehe- nen Zeit- und Kostenplan realisiert werden konnte. Ist Lean Construction besonders nachhaltig? Becker: Nachhaltigkeit heißt ja, dass ich bei dem, was ich tue, möglichst wenig Ressourcen verbrauche. Insofern ist Lean Con- struction sehr nachhaltig, weil es Verschwendung minimieren und potenzielle Behinderungen und Störungen vermeiden Jürgen Becker im Gespräch zu Lean Construction will. Letztlich geht es dabei darum, Prozesse ganzheitlich zu gestalten und die Efﬁ zienz im gesamten Projekt zu erhöhen. Zum Beispiel durch mehr Transparenz und die Einhaltung von Termin-, Kosten- und Qualitätszielen. Lean Construction ist für uns ein Instrument auf dem Weg zu noch mehr Qualität und Nachhaltigkeit. Wie sehen Ihre Planungen für die Zukunft aus? Becker: Wir haben im Sommer 2019 begonnen, das Thema gemeinsam mit unseren Ingenieuren zu vertiefen. Es ist für uns also neues Terrain, wobei es unser Ziel ist, mit Lean Con- struction einen kontinuierlichen Prozess zu initiieren und da- mit in der Branche ein Stück weit Vorreiter zu sein. Um Lean Construction wirklich in der Praxis zu etablieren, bedarf es aus meiner Sicht perspektivisch jedoch auch einer Änderung der Vergabebedingungen bei öffentlichen Aufträgen. Nur so kann es gelingen, alle Akteure frühzeitig an einen Tisch zu bringen und die einzelnen Planungen entsprechend abzustimmen. Herr Becker, vielen Dank für das Gespräch. 29

Eine neue Ära der Kommunikation Das Social Intranet als zukünftige Plattform für vernetztes Arbeiten bei den StEB Köln Stefan Sonntag Dipl.-Ing., Unternehmenskommunikation, StEB Köln Die transparente und vernetzte Wissensarbeit ist ein wichti- ger Erfolgsfaktor für die StEB Köln als nachhaltig orientiertes Unternehmen. Dabei sorgt der demographische Wandel dafür, dass eine neue Generation von Beschäftigten, die mit sozialen Medien aufgewachsen sind, neue Ansprüche an die Gestal- tung der internen Kommunikation und der Zusammenarbeit im Unternehmen stellt. Vor diesem Hintergrund startete im Jahr 2018 das Projekt zur Einführung eines Social Intranet als zukünftige Kommuni- kations- und Arbeitsplattform. Ziel ist es, die Kommunikation innerhalb des Unternehmens transparenter und dialogorien- tierter zu gestalten sowie an den Bedarfen der Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter auszurichten. Zudem bieten neue Mög- lichkeiten der Zusammenarbeit und Wissensbereitstellung eine efﬁ ziente Alternative zur herkömmlichen Dokumentation, Ab- lage und Bewahrung von Informationen über E-Mail und File- systeme. Das technisch veraltete Intranet soll abgelöst werden. Das Projekt ist kein reines IT-Projekt, da seine Ausrichtung einer ganzheitlichen fachübergreifenden Sicht bedurfte. Die Projektgruppe wurde daher mit Mitarbeiterinnen und Mitar- beitern aus den Abteilungen der IT und der Unternehmens- kommunikation besetzt. Unterstützend beraten wurde sie von der in Köln ansässigen nexum AG. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Fokus Von Beginn an standen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der StEB Köln als zukünftige Nutzende der neuen Plattform im Fokus der Projektarbeit. Dazu wurde durch Umfragen, In- terviews und Workshops mit Akteuren aus der Führungs- und Mitarbeiterebene eine Bedarfsermittlung vorgenommen. Ne- ben inhaltlichen Wünschen nach mehr Informationen über aktuelle Geschehnisse und Projekte im Unternehmen sowie Möglichkeiten der Partizipation stand eine deutlich verbesser- te Usability im Mittelpunkt. Auf Grundlage einer umfangreichen Software-Marktanalyse entschieden sich die StEB Köln für die On-Premise-Lösung der Firmenwiki-Software Conﬂ uence von Atlassian. Entscheidend war hierbei unter anderem, dass die neue Software Schnittstel- len zur vorhandenen DMS-Software Doxis aus dem Hause SER ermöglicht. Für den Einsatz bei den StEB Köln wurde Conﬂ u- ence um die Social-Intranet-Suite Linchpin der Firma Seibert- Media erweitert. 30 Die grundlegende technische Implementierung der Software wurde Anfang 2019 abgeschlossen. Im Rahmen einer ge- schlossenen Pilotphase mit über 80 Mitarbeiterinnen und Mit- arbeitern der StEB Köln als zukünftige Nutzende der neuen Plattform wurden anschließend wesentliche Funktionen im Echtbetrieb geprüft, wobei die Erkenntnisse in die Implemen- tierungsphase einﬂ ossen. Die Pilotszenarien beinhalteten insbesondere die Aspek- te der digitalen Zusammenarbeit in Team-Räumen sowie der Kommunikation innerhalb von Organisationseinheiten. Das Projekt selbst wurde komplett über die neue Plattform organi- siert. In der zweiten Hälfte des Jahres 2019 begann die zentral gesteuerte Migration der Inhalte des alten Intranets. Diese wurden in eine neue Zielstruktur überführt und — wo nötig und sinnvoll — komplett überarbeitet. Der ofﬁ zielle Start der neuen Plattform ist für Anfang 2020 geplant. Ein umfassendes Angebot Dabei ist die Arbeit mit der neuen Plattform recht einfach: Über die persönliche Startseite (Dashboard) steigen die Nutze- rinnen und Nutzer in ihr Intranet mit den aktuellsten Unterneh- mensnachrichten sowie Nachrichten aus abonnierten Newska- nälen, Blogs und Teamräumen ein. Das Dashboard basiert auf einer Vielzahl individuell anpassbarer Einstellungen und bildet durch die Aktivitäten in Diskussionen oder Teamräumen die persönliche Wissenswelt eines jeden Nutzenden ab. Dazu werden die aus dem alten System migrierten Inhal- te neu strukturiert und redaktionell überarbeitet dargestellt. Sie können individuell abonniert werden, sodass man über eventuelle Änderungen sofort informiert ist. Darüber hinaus bieten die Nutzerproﬁ le mit den aus dem Active-Directory kom- menden Kontakt- und Organisationsdaten sowie freiwilligen Informationen zu Interessen, Kompetenzen oder Projekterfah- rungen die Möglichkeit, sich untereinander zu vernetzen und Wissensträger oder Ansprechpartner zu aktuellen Fragen und Problemen zu ﬁ nden. Zudem dienen sie der eigenen Arbeitsor- ganisation in den Arbeitsräumen, beispielsweise durch indivi- duelle Aufgabenlisten. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird durch das neue System vieles leichter: So ermöglicht die leistungsstar- ke Conﬂ uence-Suche mit vielfältigen Filtermöglichkeiten und Suchverzeichnissen das einfache und zielgerichtete Aufﬁ nden von Informationen, Dokumenten oder Personen. Über eine ge-

n e t i e b r a e b m a s n i e m e g e t l a h n I Inhalte beobachten Mitarbeiterproﬁ le n e k i l e t l a h n I g n u n e i d e B e h c a f n i E Verbesserte Suchfunktion Zusammenarbeit & Wissen StEBnet II n e r e i n n o b a s w e N Inhalte teilen Inhalte kommentieren Favoriten setzen Information & Kommunikation Individuelle Startseite Communities & Vernetzung sonderte Suche kann zudem auf wichtige unternehmensinter- ne Regelungen zugegriffen werden, die im Dokumentenmana- gementsystem archiviert sind. Eine der wesentlichen neuen Kernfunktionen ist die einfache und transparente Vernetzung und Zusammenarbeit in Team-, Projekt- oder Interessensräumen. Sie schafft Raum für die Orga- nisation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den kontextbe- zogenen Austausch über Ideen, Fragen und aktuellen Themen sowie die gemeinsame Erarbeitung von Wissen an einem zen- tralen Ort. Bereits in der Pilotphase zeigte sich, wie efﬁ zient die Vertei- lung von Informationen innerhalb von Teams möglich ist. Das liegt vor allem daran, dass alle Informationen immer in jeweils aktueller Form für alle Berechtigten an einer Stelle verfügbar sind. Auch Änderungen oder Erweiterungen werden direkt an diesem Ort realisiert, die Nutzerinnen und Nutzer werden da- rüber unmittelbar informiert und können direkt partizipieren. Durch die ›Social‹-Funktionen wird ein kontextbezogener Dia- log zwischen den Beteiligten möglich. Organisationsaufgaben wie Termin- oder Projektplanungen sowie ein Aufgabenmana- gement lassen sich problemlos umsetzen. Dabei spielen auch andere Funktionen wie ›Liken‹, ›Kommentieren‹ und ›Teilen‹ eine wesentliche Rolle. Die redaktionelle Arbeit im System selbst ist einfach und intuitiv. Paradigmenwechsel in der Kommunikation Die Einführung einer derartigen Plattform stellt einen Verän- derungsprozess dar und hat unmittelbare Auswirkungen auf das Miteinander und die Zusammenarbeit im Unternehmen. Der damit einhergehende Paradigmenwechsel in der Kommu- nikation steht in einem direkten Zusammenhang mit der ge- lebten Unternehmenskultur. Er sorgt dafür, dass gewohnte Arbeitsweisen angepasst wer- den müssen und schafft eine neue Sichtweise auf das Intranet als Plattform. Während das alte Intranet nach dem Push-Prin- zip, bei dem die Informationen für alle Nutzenden gleicher- maßen bereitgestellt wurden, funktionierte, arbeitet die neue Plattform mit ihrem Funktionsspektrum zur weitgehenden Indi- vidualisierung nach dem Pull-Prinzip. Das erfordert Eigeninitia- tive, zum Beispiel durch das Abonnieren von Inhaltsbereichen und Kommunikationskanälen oder den Einritt in entsprechen- de Teamräume. Ergebnis ist eine schnelle, abteilungs- und themenübergrei- fende Zusammenarbeit, die für eine Abkehr von Herrschafts- wissen und Silodenken sorgt. Wissen wird nicht mehr bei einzelnen Personen verortet, sondern kann einfach auf ganze Netzwerke verteilt werden. Vor diesem Hintergrund birgt die Einführung des Social Intranet bei den StEB Köln große Chancen, um die interne Kommunikation und die Zusammenarbeit im Unternehmen zu verbessern. Seine volle Wirkung kann das neue System jedoch nur dann entfalten, wenn es von vielen Nutzenden aktiv an- gewandt wird. Entscheidend wird sein, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter behutsam an das Social Intranet mit seinen neuen Funktionen heranzuführen und den beschriebenen Change-Prozess strukturiert zu meistern. Die zentrale Rolle der Führungsebene besteht dabei darin, die Plattform als neuen Kommunikationskanal und Ort des Zusammenarbeitens zu för- dern und zu unterstützen. Nur wenn es gelingt, kontinuierlich Informationen sowie Lern- und Dialogmöglichkeiten zur Plattform selbst verfügbar zu machen, kann diese erfolgreich implementiert werden. Die Betreuung der Community, die Erfassung der Zufriedenheit bei Nutzerinnen und Nutzern und die dabei zwangsläuﬁ g ent- stehenden Anforderungen und Wünsche der Nutzenden sind Facetten einer großen Aufgabe für die nächsten Monate und Jahre. Hierzu bedarf es entsprechender Ressourcen, damit sich die hohen Investitionskosten des Projektes nachhaltig amorti- sieren. 31

Mehr Raum für die Nachklärung Im Großklärwerk Köln-Stammheim wird die Schwachlaststufe ausgebaut, um die Kapazitäten der Nachklärung zu erhöhen Michael Snoek Dipl.-Ing., Planung und Bau Klärwerke, StEB Köln Der Ausbau der Schwachlaststufe im Großklärwerk Köln- Stammheim hat eine lange Geschichte. So wurde die seit den 1970er Jahren mit sechs Belebungsbecken und vier zugeordne- ten Nachklärbecken betriebene Anlage bereits in den 1990er Jahren um weitere acht Belebungsbecken und vier Nachklärbe- cken erweitert. Aktuell führen vor allem die starkregenbedingt ungleichmäßigen Schlammverlagerungen erneut zu Kapazi- tätsengpässen in der Abscheideleistung der Nachklärung. Daraus resultiert, dass die für die Abwasserreinigung not- wendigen Belebtschlammmengen entsprechend angepasst müssen, was wiederum Kapazitätsengpässe in der Abwasserrei- nigung bei besonderen Regenwetterereignissen zur Folge hat. Bis heute ist für die Steuerung der komplexen hydraulischen Prozesse ein hoher Aufwand an Fachpersonal notwendig. Eine Automatisierung der Prozesse ist bislang nicht möglich. Die aktuellen Erweiterungspläne Betrachtet man die aktuellen Pläne für die Jahre 2019 bis 2025, so sollen die beiden zeitlich getrennt erstellten Nach- klärbeckengruppen in einem ersten Bauabschnitt vornehmlich hydraulisch, aber auch baulich und maschinentechnisch opti- miert werden, so dass die notwendigen Kapazitäten zur Ver- 32 Abb. 1: Schneckenpumpwerk vor NKB-Gruppe 1-4

fügung gestellt werden können. Der Betrieb der Nachklärung, die bis heute nicht ohne den Einsatz eines 24/7-Schichtbe- triebes auskommt, könnte anschließend automatisiert werden. Die Planungen umfassen sowohl den Bau von zwei Schne- ckenpumpwerken als auch den Ausbau von zwei Verteilerbau- werken. So sollen durch eine Wasserspiegelanhebung zum ei- nen eine Erhöhung der Kapazitäten, zum anderen aber auch ein besserer Schutz vor drückendem Grundwasser und eine hydraulische Gleichverteilung durch Rückstauvermeidung si- chergestellt werden. Zudem wird im ersten Bauabschnitt ein Ablaufkanal, der als Weiche zwischen den beiden Nachklär- systemen dient, dergestalt erweitert, dass künftig an dieser neuralgischen Stelle kein Rückstau entstehen kann. Zugleich müssen in den acht Nachklärbecken die Räumer, Einlaufbauwerke und Ablaufrinnen ausgebessert werden. Da- bei gilt es, einen akzeptablen Kompromiss zwischen der Um- bauzeit und dem avisierten Ziel der Kapazitätserweiterung zu ﬁ nden, zumal einzelne Becken vorübergehend aus dem laufen- den Betrieb genommen werden müssten. Dies geschieht durch dynamische Fließberechnungen und Abwasserreinigungssimu- lationen bei wechselnden Parametern. Nach deren Auswer- tung werden zunächst zwei Nachklärbecken einzeln ertüchtigt, weitere Becken folgen im Anschluss. Erst dann ist es möglich, das Projekt so fortzuführen, dass zwei der übrigen Becken gleichzeitig außer Betrieb gehen können. Die Arbeiten am ersten Bauabschnitt sind mit vorlaufenden Maßnahmen bereits gestartet. Mit den Pumpwerken, den Ver- teilerbauwerken sowie dem Ablaufkanal wird Anfang 2020 begonnen, sodass im Jahre 2022 die erhöhten Wasserspiegel zur Verfügung stehen werden. Ab 2022 sollen die Nachklärbe- cken entsprechend ertüchtigt werden, ein Ende des Projektes ist für das Jahr 2025 geplant. Die voraussichtlichen Kosten werden bei rund 42 Millionen Euro liegen. Dabei wird es mit der Fertigstellung des ersten Bauab- schnittes möglich sein, in allen Lastfällen eine ausreichende Kapazität der Nachklärung zur Verfügung zu stellen. Auch das zur Abwasserreinigung wichtige Belebtschlammvolumen kann erhöht werden, wobei der Grad der Erhöhung von der Anzahl der angeschlossenen Einwohner sowie den dann gültigen Grenzwerten, der Abwassertemperatur und der Beschaffenheit des Abwassers abhängt. Diese Vielzahl an Parametern schafft Freiräume in der Pla- nung. Vorgesehen ist die Erstellung eines funktionalen Baukas- tens, der nach der Bedarfsﬁ ndung im Jahr 2022 noch weiter ausgebaut werden kann. Inhaltlich umfasst er im Wesentlichen eine Volumenerhöhung des Belebtschlamms durch Beckenneu- bauten und bezieht das vorhandene Zwischenhebewerk eben- so ein wie Wasserspiegelerhöhungen in den Belebungsbecken und die Notwendigkeit zum Neubau eines Pumpwerks. Dieses würde weitere Optionen in der Abwasserverteilung auf die 14 Belebungsbecken aus den 1970er und 1990er Jahren eröff- nen. Derzeit werden die Hauptbestandteile der Planung unter Einbezug von Simulationen mit einer Vielzahl von Parame- teränderungen entworfen und in Bauwerksentwürfe überführt. Die Zusammenstellung der Funktionsbausteine soll dann 2022 in eine Ausbauvariante einﬂ ießen. Diese wiederum muss in die Gesamtstrategie der StEB Köln und des Großklärwerkes Köln-Stammheim eingebettet werden. Abb. 2: Simulationswerkzeug zu verschiedenen Ausbauprogrammen 33

Nur das Beste für den Nachwuchs Die neue Ausbildungswerkstatt in Köln-Merheim bietet Vorteile für alle Beteiligten Alexander Lambio Ausbildungsleiter Industriemechaniker, StEB Köln Mariola Schmid Projektleiterin, StEB Köln Ausbildung wird bei den StEB Köln groß geschrieben. Vor die- sem Hintergrund wurde im Jahr 2016 die Einrichtung einer Ausbildungswerkstatt für die Industriemechaniker am Stand- ort Köln-Merheim beschlossen. Der dafür notwendige Platz sollte mit Hilfe eines LEAN-Projektes in der bereits existieren- den Schlosserei des Unternehmens geschaffen werden. Um dies zu erreichen, organisierten die Mitarbeiter des Bereiches mit Unterstützung durch zwei LEAN Experten im Sommer 2017 ihre Arbeitsbereiche neu. So wurde für die Auszubilden- den eine Fläche von insgesamt 115 Quadratmeter frei, auf der die zukunftsfähige Werkstatt entstehen sollte. Auf dem Weg zur neuen Werkstatt wurden 2018 eine Reihe von Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. So konnten die al- ten Tore durch neue Fassadenelemente und die laute Gebläse- heizung durch neue Deckenstrahler ersetzt werden. Zudem wur- den neue Elektroleitungen gezogen sowie Wasserleitungen ver- legt und die Beleuchtung optimiert. Auch die Werkstatt- und Büroeinrichtung inklusive Wände und Bodenbeläge sowie die Küchenzeile und die Maschinentechnik wurden komplett er- neuert. Im Anschluss an ihren Blockunterricht konnten die Auszubil- denden Anfang 2019 gemeinsam mit ihrem Ausbildungsmeis- ter Alexander Lambio ihre neuen Räumlichkeiten beziehen. Gleiches gilt für die Mitarbeiter, die ihre Arbeitsbereiche nach dem Umbau systematisch eingerichtet und standardisiert ha- ben. Die neue Ausbildungswerkstatt bietet Platz für bis zu acht Auszubildende. Derzeit bilden die StEB Köln sechs Auszubil- dende zum Industriemechaniker im ersten Lehrjahr aus, wobei im September 2019 drei weitere Azubis hinzugekommen sind. Für den Sommer 2020 ist die Aufnahme von zwei weiteren Auszubildenden geplant. Neben den Auszubildenden zum Industriemechaniker wer- den in der Werkstatt auch Auszubildende anderer Berufe — zum Beispiel Elektroniker oder Wasserbauer — in einem mehr- wöchigen Metallgrundkurs geschult. Sie kommen ursprünglich aus Abteilungen wie den Außenklärwerken und hospitieren hospitieren für die Kurse am Hauptsitz der StEB Köln in Köln- Merheim. Bei der Planung und Einrichtung der Werkstatt wurde Aus- bildungsleiter Alexander Lambio beratend von der Ingenieu- rin und Projektleiterin Mariola Schmid unterstützt. Ideen und 34 Anregungen dazu wurden auch im Austausch mit anderen Unternehmen, die in einer vergleichbaren Größenordnung aus- bilden, eingeholt. Nachdem der Grundriss festgelegt worden war, wurden die Einrichtung sowie Maschinen und Werkzeuge beschafft. Eine Fräsmaschine konnte aus der alten Werkstatt übernommen werden. Zusätzlich zur Werkstatt entstanden ein großes Büro und ein Pausen- und Schulungsraum. Die neue Situation bringt Vorteile für alle Beteiligten mit sich. Währen die alte Werkstatt ausschließlich durch die Schlosser einer anderen Abteilung genutzt wurde, ist es nun möglich, Synergien zwischen den einzelnen Bereichen nutzen und fast alle Ausbildungsinhalte in den eigenen Räumlichkei- ten durchzuführen. Dabei können die vorhandenen Maschinen von allen Beteiligten mitgenutzt werden. Den Auszubildenden werden in der Metallgrundausbildung vielfältige Fähigkeiten vermittelt, die vom Feilen, Bohren und Sägen bis zur Blechbearbeitung und zum Gewindeschneiden reichen. Im weiteren Verlauf der Ausbildung werden sie auch an der Dreh- und Fräsmaschine sowie im Schweißen ausgebil- det. Praktische Erfahrungen sammeln die Auszubildenden bei mehrwöchigen Einsätzen in Abteilungen wie der Schlosserei des Großklärwerkes Köln-Stammheim oder in den Außenklär- werken. Aktuell ist das Team der neuen Ausbildungswerkstatt da- mit beschäftigt, das Werkzeug und die Einrichtung weiter zu komplettieren. Dabei hat es sich als schwierig herausgestellt, eine abschließende Version der Werkstatt rein auf dem Papier zu planen. Erst im Arbeitsalltag macht sich bemerkbar, welche Werkzeuge oder Einrichtungsgegenstände noch fehlen und neu zu beschaffen sind. Ein wichtiger Aspekt der Arbeit ist zudem die Lean Stan- dardisierung. So wurde damit begonnen, einen Standard für die Einrichtung der Werkstatt und die Aufbewahrung der einzelnen Werkzeuge und Maschinen zu schaffen. Durch den stetigen Verbesserungsprozess bei der Anwendung des PDCA- Zyklus (= kontinuierlicher Verbesserungsprozess) können Ver- schwendungen nachhaltig eliminiert werden. Unterstützung erfahren die Ausbilder dabei von den Lean-Experten der StEB Köln.

Mit neuem Namen in die Zukunft Wie aus dem Regionalforum Rhein-Erft-Sieg das Abwassernetzwerk Rheinland wurde Jutta Lenz Referentin des Vorstandes, StEB Köln Das heutige Abwassernetzwerk Rheinland ist in Fachkreisen vor allem unter der alten Bezeichnung Regionalforum Rhein- Erft-Sieg ein Begriff. 14 Jahre lang begleitete dieser Name die Arbeit der Gruppe, deren ›Einzugsgebiet‹ sich nun nach Nor- den vergrößert hat. So engagieren sich bereits einige Kommu- nen aus dem Bereich der Wupper in der Gruppe. Vor diesem Hintergrund waren sich die Akteure schnell einig, dass das Netzwerk einen passenderen neuen Namen brauche. Dabei war es keineswegs leicht, die inzwischen stattliche Zahl von 18 Teilnehmern auf einen Nenner zu bringen. Natürlich sollte sich vor allem die Idee des gemeinsamen Engagements und Austauschs sowie der lokale Bezug des Netz- werks im Namen wiederﬁ nden. Die Begriffe ›Netzwerk‹ und ›Rheinland‹ waren also schnell gefunden. Doch wie sollten das Thema Wasser und die Abwasserableitung als gemeinsame Kernaufgabe eingebunden werden? Darüber wurde intensiv dis- kutiert und gerungen, bevor sich die Beteiligten letztlich auf den neuen Namen »Abwassernetzwerk Rheinland« verständigten. Am Netzwerk partizipieren kommunale Dienstleister für unterschiedliche Bereiche der Wasserwirtschaft in derzeit 18 Städten in Nordrhein-Westfalen. Rund 2,5 Millionen Einwoh- ner im Großraum Köln-Bonn proﬁ tieren von deren Dienstleis- tungen. Hauptzweck des Netzwerkes ist neben dem fachlichen Austausch die zielgerichtete Kooperation und Bündelung von Know-How und Mitteln zur Schaffung guter Lösungen in na- hezu allen Bereichen der Wasserwirtschaft. Wenngleich der gemeinsame Schwerpunkt in der Planung, dem Bau und der Bewirtschaftung der Kanalnetze liegt, nehmen die Aufgaben zum Klimaschutz und der Klimafolgenanpassung dabei immer mehr Raum ein. So wurde 2019 der Starkregenindex [SRI] eingeführt, um den Schutz der Bevölkerung und der Landwirtschaft zu ver- einfachen. Er stellt eine wirksame Planungsgrundlage für die Stadt- und Raumplanung sowie für die Wasser- und Versiche- rungswirtschaft dar. Die Einführung erfolgte auf Basis der durch Prof. Theo G. Schmitt von der Technischen Universität Kaiserslautern und weiteren Fachexperten erarbeiteten Grund- lagen. Ziel des Starkregenindex ist es, die Bewertung von Star- kregenereignissen über die Intensität des Niederschlages zu erleichtern. Dazu wurden Regenereignisse in zwölf Stufen — sogenannte Starkregenindizes — eingeteilt. Während Index 1 einen ›normalen‹ Starkregen beschreibt, der in den Sommer- monaten häuﬁ ger fällt, deﬁ niert Index 12 einen extremen Starkregen, der sehr selten ist. Dabei ist das Prinzip des Star- kregenindex mit der bekannten Richterskala zur Messung der Stärke von Erdbeben oder der Beaufortskala zur Klassiﬁ kation der Windstärken vergleichbar. Anfallendes Regenwasser bei Starkregenereignissen wird insbesondere dann zur Gefahr, wenn in den Kommunen zuneh- mend Flächen versiegelt werden. Straßen, Wege und die dichte Bebauung verhindern die Wasseraufnahme durch den Boden und leiten fallendes Regenwasser zu schnell und in zu großen 36 Die 18 Mitgliedskommunen des Abwassernetzwerk Rheinland Stand August 2019

des demographischen Wandels werden nur durch gemeinsame Lösungen sinnvoll bewältigt werden können. Die Komple- xität der anstehenden Aufgaben macht örtliche und fachübergreifende Koope- rationen unumgänglich, besonders für diejenigen, die sich im Dienst der öffent- lichen Daseinsvorsorge für die Einwohner ihrer Kommunen engagieren. In diesem Sinne knüpft das Abwas- sernetzwerk Rheinland an die Arbeit seines 2004 gegründeten Vorgängers an. Viermal jährlich treffen sich die be- teiligten Akteure zum unmittelbaren Erfahrungsaustausch über abgestimmte Themenschwerpunkte. Die meist halb- tätigen Veranstaltungen werden von jeweils wechselnden Gastgebern aus dem Kreis der Kommunen ausgerichtet. Zusätzlich werden in Facharbeitskreisen themenbezogene Projekte vorangetrie- ben. Alle zwei Jahre veranstaltet das Ab- wassernetzwerk einen Kooperationstag zu einem jeweils wechselnden Themen- schwerpunkt. Wer mehr über das Abwassernetzwerk Rheinland erfahren möchte, ﬁ ndet auf der Website: www.abwassernetzwerk- rheinland.nrw alle wichtigen Informatio- nen sowie eine Übersicht der aktuellen Teilnehmer und Ansprechpartner. Volumina ab. Die Gefährdungssituatio- nen durch Starkregen können erheblich abgeschwächt werden, wenn neben dem Gebäudeschutz zusätzlich Flächen geschaffen werden, auf denen sich Re- genwasser schadlos sammeln kann. Dort kann es versickern, verdunsten oder langsam abﬂ ießen. Hilfreich ist in diesem Kontext auch eine Entsiegelung von Flächen, wie zum Beispiel durch den Einsatz von Rasengittersteinen an Stelle einer geschlossenen Oberﬂ äche für Wege. Zudem sind sowohl Dachbe- grünungen als auch Bäume und jegliche Bodenvegetation empfehlenswert, da Pﬂ anzen Regenwasser speichern und so die Kanalisation entlasten. Sie reinigen gleichermaßen die Luft, reduzieren die CO2-Belastung und isolieren im Sommer gegen Hitze und im Winter gegen Kälte. Last but not least bieten sie neuen Le- bensraum für Insekten und Vögel. Somit leisten sie einen wichtigen Bei- trag in Sachen Nachhaltigkeit. Neben dem Klimaschutz und der Klimafolgenan- passung werden dabei die Themen Ener- gieefﬁ zienz und der Umstieg auf erneu- erbare Ressourcen in Zukunft von großer Bedeutung für die Wasserwirtschaft sein. Auch die Digitalisierung und die Folgen Graﬁ ken zum Starkregenindex: Abwassernetzwerk Rheinland 37

Wenn Kostensenkung und Klimaschutz zusammenspielen Das Forschungsprojekt SEKIS verbessert die Abbauleistung in der Schlammfaulung auf Kläranlagen — nun liegen erste Ergebnisse vor Inka Hobus Dr.-Ing., Wupperverbandsgesellschaft für inte- grale Wasserwirtschaft mbH (WiW mbH) Gerd Kolisch Dr.-Ing., Wupperverbandsgesellschaft für inte- grale Wasserwirtschaft mbH (WiW mbH) Lothar Klauke M.Sc., Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft und Umwelttechnik der Ruhr-Universität Bochum Manfred Lübken Dr.-Ing., Lehrstuhl für Siedlungswasserwirt- schaft und Umwelttechnik der Ruhr-Universität Bochum Edith Nettmann Dr. rer. nat., Lehrstuhl für Siedlungswasserwirt- schaft und Umwelttechnik der Ruhr-Universität Bochum Marc Wichern Prof. Dr.-Ing., Lehrstuhl für Siedlungswasserwirt- schaft und Umwelttechnik der Ruhr-Universität Bochum Thomas Klein Dipl.-Ing., Abtl. GKW Köln-Stammheim, StEB Köln Das Großklärwerk Köln-Stammheim wurde Anfang der 1990er Jahre nach dem Stand der Technik zu einer A-B-Anlage für die weitergehende Nährstoffelimination ausgebaut. Dabei wurde eine Anschlusskapazität von 1,57 Mio. Einwohnerwer- ten zugrunde gelegt. Im Verlauf des Ausbaus wurde auch die Schlammbehandlung von drei auf fünf Faulbehälter erweitert. In den Jahren 2013 bis 2017 erfolgten große maschi- nen- und elektrotechnische Reinvestitionen in der gesamten Schlammbehandlung. In diesem Zuge wurde das komplette Verfahren technisch optimiert. So konnten durch neue Rohrlei- tungen und Pumpen neue Möglichkeiten zur Verschaltung der Faulbehälter geschaffen werden. Ausgehend von der bis dato alleinigen parallelen Beschickung der fünf Faulbehälter sind nun auch verschiedene Reihenverschaltungen sowie Kombina- tionen aus Parallel- und Reihenbetrieb möglich (siehe Abb. 1) Aufgrund des großen wissenschaftlichen Interesses an dem Vorhaben beantragten die StEB Köln gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft und Umwelttechnik der Ruhr-Universität Bochum und der Wupperverbandsgesell- schaft für integrale Wasserwirtschaft das Forschungsprojekt SEKIS (Steigerung der Energieausbeute kommunaler Kläran- lagen durch intensivierte mehrstuﬁ ge Schlammfaulung), das vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Ver- braucherschutz, NRW (MUNLV) gefördert wird. Ziel von SEKIS ist es, neue Erkenntnisse hinsichtlich einer optimalen Verschaltung der einzelnen Faulbehälter durch re- aktionskinetische Simulationen der Faulprozesse zu erhalten und die daraus resultierenden Vorzugsvarianten in der Groß- Abb. 1: Beispiele von Verschaltungsmöglichkeiten der Faulbehälter Tab. 1: Ergebnisse der ADM Simulation für unterschiedliche Faulbehälterschaltungen 38

technik zu testen. Dabei werden sowohl Veränderungen der Trockenrückstände und des Abbaugrades beim Chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) als auch die speziﬁ sche Klärgasproduk- tion und der Entwässerungsgrad untersucht. Zusätzlich zur Re- aktionskinetik werden auch rheologische Untersuchungen und darauf basierende Strömungssimulationen der Reaktortechnik durchgeführt. All dies liefert Erkenntnisse über die Strömungs- verhältnisse und damit auch über die Durchmischung im Faul- behälter. Ergänzt wird es durch Untersuchungen der Mikrobio- logie in den fünf Faulbehältern, die auch die Auswirkungen der unterschiedlichen Faulbehälterverschaltungen auf die mik- robielle Biozönose erfassen. Erste Ergebnisse aus den Versuchsreihen Betrachtet man die ersten Resultate aus den Versuchsrei- hen, so ergab die reaktionskinetische ADM-Simulation (ADM: Anerobic Digestion Model) interessante Verschaltungen, die in Tabelle 1 dargestellt sind. Für die Auswahl der Verschaltung werden hauptsächlich die Klärgasproduktion und die Abbau- leistung über den Trockenrückstand (TR), den organischen Trockenrückstand (oTR) und den organischen Anteil über den Glüverlust (GV) berücksichtigt. Insgesamt wurden im Projekt SEKIS bisher drei Betriebswei- sen bzw. Phasen untersucht. Die vierte Phase 4 startete im Juli 2019. Hier die einzelnen Phasen (P) im Überblick: • P 1: paralleler Betrieb (Referenz) V1 • P 2a: Kombinierter Reihenbetrieb mit Desintegration, V2 • P 2b: Kombinierter Reihenbetrieb ohne Desintegration, V2 • P 3: dreistuﬁ ge Reihe (überw. ohne Desintegration), V4 • P 4: Vergleich Parallelbetrieb zur zweistuﬁ gen Reihe bei 20 Tagen Faulzeit Es kann konstatiert werden, dass insbesondere die Reihen- verschaltung der Faulbehälter (Phase 3) Potenzial für deutli- che Betriebskosteneinsparungen bietet. Nachfolgend werden deren Ergebnisse mit der Reihenverschaltung der einzelnen Faulbehälter und des Referenzfaulbehälters dargestellt. Damit diese nicht durch die Zugabe von Co-Fermenten beeinﬂ usst werden, wurde nur Faulbehälter 5 mit den Co-Fermenten be- schickt. Im Vergleich zum Parallelbetrieb konnten durch die Reihen- verschaltung in Phase 3 vom 2. Mai bis zum 31. Dezember 2018 der TR-Abbau des Faulschlammes um ca. 15 Prozent und der oTR-Abbau um ca. 18 Prozent (siehe Abb. 2) verbessert werden. Die optimierte Abbauleistung zeigt sich auch im deut- lich niedrigerem CSB-Gehalt in Faulbehälter 4. Darüber hinaus wurde eine Erhöhung der Klärgasproduktion um mindestens drei Prozent gemessen. Auch die Entwässerungsleistung des Schlamms aus dem Reihenbetrieb (FB 4) lag um bis zu zwei Prozentpunkte über den vorherigen Werten (siehe Abb.3). Neben dem Verschaltungsszenario haben auch die Strö- mungsverhältnisse in den einzelnen Faulbehältern erheblichen Einﬂ uss auf die verfahrenstechnische Optimierung. Während die Strömung ansonsten meist vernachlässigt oder nur grob abgeschätzt wird, wird sie im Projekt SEKIS detailliert mit Hilfe der numerischen Strömungsmechanik (CFD) untersucht. Vo- raussetzung dafür ist jedoch die Kenntnis der rheologischen Eigenschaften der Faulschlämme, die für die verschiedenen Verschaltungsszenarien mit einem Rheometer ermittelt wur- den. Über Anpassungsfunktionen bildeten die rheologischen Messwerte anschließend die Grundlage für die Strömungsbe- rechnungen. Die dreidimensionalen Strömungsmodelle der Faulbehäl- ter wurden auf Basis vorhandener Zeichnungen erstellt. Die Berechnungen zeigen, dass die Strömung im Detail nicht so gleichmäßig ist wie oft angenommen wird. Aufgrund des tan- gentialen Zuﬂ usses der internen Umwälzung entsteht eine spiralförmige Hauptströmung, die durch den Betrieb des Faul- schlammmischers in vertikaler Richtung überlagert wird (siehe Abb. 4). Daraus resultiert, dass die Strömung in den Faulbehältern durch die Betriebsweise des Mischers (Förderrichtung und -leistung) sowie der Düsen beeinﬂ usst werden kann. Im bis- herigen Normalbetrieb war üblicherweise immer nur eine der Abb. 2: Vergleich der TR-Gehalte der Faulbehälter 1 und 4 mit unter- schiedlichen Auswertezeiträumen für den TR- und oTR-Abbau in der Phase 3 Abb. 3: Vergleich der Entwässerungsleistung des Schlamms aus dem Reihenbetrieb 39

Abb. 4: Berechnete Pfadlinien in einem Faulbehälter (Färbung anhand der Strömungsgeschwindigkeit) Abb. 5: Diversitätsanalyse (links) mittels 16S rRNA Amplikonanalyse für Archaea von Faulbehälterprobe FB3 während der Parallelschaltung (V1) und Reihenschaltung (V3). sechs Düsen zeitlich getaktet in Betrieb. Grundsätzlich trägt dieser Wechsel zur guten Durchmischung der Faulbehälter bei, es wurde zugleich jedoch deutlich, dass der Anteil von Kurz- schlussströmungen abhängig davon ist, welche Düse gerade in Betrieb ist. Laufen mehrere Düsen gleichzeitig, wird die Strö- mung gleichmäßiger. Im weiteren Verlauf des Projektes werden die Strömungsbe- rechnungen nicht mehr nur stationär und einphasig, sondern auch instationär und mehrphasig (Schlamm- und Gasphase) durchgeführt. Darüber hinaus soll mit Quelltermen die Gas- produktion modelliert werden, um die Auswirkungen der un- terschiedlichen Gasvolumina auf das Strömungsregime in den verschiedenen Faulbehältern ermitteln zu können. Aufbauend auf den Erkenntnissen der Strömungssimulationen kann dann die Betriebsweise optimiert werden. Begleitende Analysen Bislang wurden regelmäßig auch begleitende mikrobiologi- sche Analysen durchgeführt, beispielsweise die quantitative realtime PCR (qPCR), die 16S rRNA Amplikonanalyse und die Fluoreszenz in Situ Hybridisierung (FISH). Sie tragen dazu bei, eine mögliche Auswirkung der Prozessführung (Parallel- vs. Reihenschaltung) auf die Bacteria und die methanogenen Archaea zu überprüfen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Pro- zessführung keinen signiﬁ kanten Einﬂ uss auf die Anzahl oder Aktivität der Mikroorganismen in den einzelnen Faulbehältern hatte. Dies ist insbesondere der sehr hohen Diversität in der Gruppe der Bacteria geschuldet. Für die Gruppe der Archaea hingegen konnte mittels 16S rRNA Amplikonanalyse nach- gewiesen werden, dass die acteoklastische Archaea-Gattung Methanosaeta die methanogene Hauptgruppe in allen Faul- behältern stellte (siehe Abb. 5). Prinzipiell wurde festgestellt, dass die Archaea rund eine log-Stufe unterhalb der Häuﬁ gkeit der Bacteria vorzuﬁ nden waren. Während der Übergangsphase zeigten die einzelnen Faulbehälter ähnliche Zellzahlen wie bei der Parallelschal- tung. Dagegen sanken die Zellzahlen einige Wochen später, was wahrscheinlich auf eine andere, jahreszeitlich bedingte Substratzusammensetzung zurückzuführen ist. Zu diesem Zeit- 40 punkt konnte auch eine leichte Zunahme von Archaea im den Faulbehältern 2 bis 4 beobachtet werden, wohingegen die Bacteria-Zellzahl weitestgehend konstant blieb. Niedrigere Kosten, bessere Umweltbilanz Der bisherige Verlauf des Forschungsprojekts zeigt, dass die Reihenverschaltung einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung der Betriebskosten für die Klärschlammentsorgung leistet. Der so ermöglichte verbesserte Abbau der organischen Substanz reduziert die zu entsorgende Klärschlammenge und damit die Entsorgungskosten des Großklärwerkes Stammheim um nahe- zu 20 Prozent beziehensweise rund 800 000 Euro pro Jahr. Gleichermaßen kann durch die Erhöhung der Klärgasproduk- tion der Fremdstrombezug um etwa 900 000 Kilowattstunden reduziert werden, das entspricht 41 Prozent. Somit lassen sich zusätzliche Kosten in Höhe von rund 136 000 Euro pro Jahr einsparen, was in Summe zu einer theoretischen Kosteneinspa- rung von über 930 000 Euro pro Jahr führt. Darüber hinaus wirkt sich die Verringerung der Schlammentsorgungsmenge und damit auch der Schlammtransporte positiv auf die CO2- Bilanz aus. Da die Schlammentsorgungskosten einen der größ- ten Anteile an den Betriebskosten einnehmen, leistet die hier erzielte Reduzierung von rund 20 Prozent einen beachtlichen Beitrag zur Reduzierung der Gesamtbetriebskosten. Im Kon- text der immer weiter steigenden Preise für die Klärschlam- mentsorgung könnte die Klärschlammreduzierung durch die Reihenverschaltung in Zukunft noch erheblich an Bedeutung gewinnen. Die vorgestellten Ergebnisse wurden im Rahmen der Projek- tes SEKIS erarbeitet, das vom MULNV-NRW gefördert wird. Die Autoren danken dem MULNV-NRW für die ﬁ nanzielle Unter- stützung sowie dem LANUV-NRW für die fachliche und admi- nistrative Unterstützung. Förderkennzeichen AZ: 17-04.02.01-7a bis c/2016

Aktuelle Meldungen Corporate Branding: Der Fuhrpark der StEB Köln im »neuen Gewand« Hochwasserschutz: Erfolgreiche Übung für den Ernstfall Die moderne Ausrichtung der StEB Köln wird nun auch im Fuhrpark des Unter- nehmens sichtbar. Im Rahmen eines Corporate Branding wurden im März 2019 16 PKW mit den imagebildenden Kernbotschaften ›StEB Köln‹ und ›Die Wasser-Besser-Macher‹ ausgestattet, im August folgten 35 Groß- und Sonder- fahrzeuge. Zudem erhalten alle Neuan- schaffungen die neue Beschriftung. Ziel der Maßnahme ist es, die Bekanntheit des Unternehmens zu steigern und mehr Aufmerksamkeit im Kölner Stadtbild zu generieren. Zugleich soll basierend auf der Identität der StEB Köln deren Image gestärkt werden. Unterstützt wird dies auch durch die Einbindung der entspre- chenden Websites. In gleich drei verschiedenen Uferberei- chen fand Ende Juni 2019 die regelmä- ßig durchgeführte Hochwasserübung der StEB Köln statt. Dabei wurde sowohl in Köln-Stammheim als auch am Rodenkir- chener Leinpfad und im Retentionsraum zwischen Köln Porz-Langel und Nieder- kassel-Lülsdorf der Ernstfall geprobt. Besonderes Augenmerk galt den Ak- tivitäten im Retentionsraum Köln Porz- Langel und Niederkassel-Lülsdorf. Hier wurde durch die freiwilligen Feuerweh- ren aus Köln und Niederkassel sowie durch das Technische Hilfswerk (THW) Köln-Ost eine Versorgungswasserleitung von etwa 1000 Meter Länge vom Rhein zur Pumpanlage Lülsdorf aufgebaut, um die dort installierten Pumpen unter Echtbedingungen testen zu können. Im Rahmen des Tests wurden auch die 54 Wehrklappen am Einlassbauwerk sowie die zwei Doppelschieber im Entleerungs- bauwerk durch StEB-Mitarbeiter betätigt und überprüft, so dass eine Teilﬂ utung des Retentionsraums simuliert werden konnte. Nicht zuletzt durch die gute Vorbe- reitung, die kompetente Einsatzleitung und das gute Zusammenspiel der über 120 Einsatzkräfte verlief die Übung äu- ßerst erfolgreich. Sie vermittelte Presse- vertretern und interessierten Einwohne- rinnen und Einwohner gleichermaßen ein Verständnis für die Funktionalität des Retentionsraums und einen Beweis der Leistungsfähigkeit des Hochwasser- schutzes über Stadt- und Organisations- grenzen hinaus. gesichts des Welt-Wassertages am 22. März 2019 auf dem Gelände des Groß- klärwerkes Köln-Stammheim stattfand. Über 70 Teilnehmende konnten dabei im ›Wissensteil‹ der Veranstaltung den Weg des Wassers bis zur vollständigen Reinigung mitverfolgen. Ein wichtiges Thema in diesem Kontext waren Spuren- stoffe, beﬁ ndet sich auf dem Gelände doch eine halbtechnische Versuchsanla- ge, die Erfahrungen zur Umsetzung ei- ner Vierten Reinigungsstufe auf Kläran- lagen ermöglicht. Am ›Tag des Wassers‹ wurden dazu beispielsweise Filtersäulen mit granulierter Aktivkohle präsentiert — ein Weg, um eine weitergehende Ab- wasserreinigung zu gewährleisten. Der ›Kunstteil‹ hingegen bot Einblick in den Alten Faulturm am Betriebsgebäude. Hier wurden mit Celloklängen Vibrati- onen auf Spiegelschalen erzeugt, die bei Beleuchtung unterschiedliche Was- sereffekte auf die Wand projizierten. So bot das Kunstprojekt ›LichtesRauschen‹ einen besonderen Zugang zu den Was- serwelten, bei dem Aussehen, Form und Klang des Wassers erst durch die Umgebung, den Widerstand und die Be- wegung entstehen. Realisiert wurde der ›Tag des Wassers‹ von den StEB Köln in Zusammenarbeit mit dem Wasserforum Köln e.V. 41 Tag des Wassers: Technik und Kunst zum Anfassen »Wasser und Wissen treffen auf Kunst und Musik!« — Das war das Motto beim diesjährigen »Tag des Wassers«, der an-

Nachhaltigkeit: Die StEB Köln fördern die klimaschonende Mobilität ihrer Be- schäftigten Innovative Mobilitätskonzepte sind ein wichtiger Baustein der Nachhaltigkeit und für die StEB Köln ein elementares Unternehmensziel. Hintergrund ist, dass sich die CO2-Emissionen des Auto-mobil- verkehrs in Deutschland heute auf dem gleichem Niveau bewegen wie im Jahr 1990. Da rund 64 Prozent der Beleg- schaft der StEB Köln mit dem eigenen Auto zur Arbeit kommen, haben die Ar- beitswege der Mitarbeitenden fast dop- pelt so hohe Klimaauswirkungen wie die Großfahrzeuge des Kanalbetriebs. Vor diesem Hintergrund bietet das Un- ternehmen Anreize zur Förderung einer klimaschonenden, zukunftsfähigen Mo- bilität und bei der Nutzung von ÖPNV, Fahrrad oder Car-Sharing. Nachdem eine Mobilitätsbefragung mit einer Rücklaufquote von 75 Prozent bereits ein hohes Interesses der Mitar- beitenden signalisiert hatte, luden die StEB Köln im Juni 2019 zu einem Mo- bilitätsaktionstag am Hauptstandort in Köln-Merheim ein. Hier zeigten zahlrei- che Aussteller wie die Kölner Verkehrs- Betriebe sowie Anbieter aus den Berei- chen ÖPNV, Bike- und Car-Sharing, sowie der Fahrradbeauftragte der Stadt Köln attraktive Alternativen für die eigene Mobilität. Dabei konnten beispielsweise Pedelecs getestet oder Lasten- und Falt- räder ausprobiert werden. Abgerundet wurde das von den Mitarbeitenden sehr gut angenommene Programm durch eine individuelle Arbeitswegeberatung, ein Gewinnspiel, Vorträge und zahlrei- che Bewegungsangebote. 42 Überﬂ utungsvorsorge: Großes Interesse an VHS-Veranstaltung der StEB Köln Der Schutz vor Überﬂ utungen durch Stark- regen ist ein Thema, das die Menschen in Köln bewegt. Das zeigte auch die Veranstaltung »Starkregen, Hochwasser, Klimaänderung — was kann ich tun?«, zu der die StEB Köln im März 2019 in die Volkshochschule am Kölner Neumarkt eingeladen hatten. Gekommen waren rund 320 Besucherinnen und Besucher. Der Saal war sogar so voll, dass einige Personen zwischenzeitlich keinen Zutritt mehr fanden. Inhaltlich ging es vor allem um zunehmende Überﬂ utungsgefahren infolge des Klimawandels und die Frage, in welchen Fällen Eigentümer aktiv wer- den müssen, um ihr Haus gegen Überﬂ u- tungen durch Hochwasser, Rückstau oder Starkregen zu schützen. Darüberhinaus wurden auch das Verhalten im Ernstfall und der Versicherungsschutz gegen Über- ﬂ utungen diskutiert. Moderiert von der Journalistin Marie-Anne Schlolaut stan- den Henning Werker, Hauptabteilungs- leiter Planung und Bau und Leiter der Hochwasserschutzzentrale bei den StEB Köln, der Architekt Dr. Peter Kotulla, die Wohnungseigentümerin Barbara Albat und Fatma Öksüz von der Verbraucher- zentrale NRW in einer Podiumsdiskussion Rede und Antwort. Im Anschluss daran konnten sich die Einwohnerinnen und Einwohner beraten lassen und an zahl- reichen Infoständen zum Thema infor- mieren. Der Erfolg der Veranstaltung war so groß, dass eine Wiederholung am 28. März 2020 bereits fest eingeplant ist. GirlsDay: Umwelttechnische Berufe live bei den StEB Köln Beim GirlsDay 2019 am 28. März 2019 im Ausbildungszentrum der Kläranlage Köln- Weiden hatten Schülerinnen die Möglich- keit, umwelttechnische Ausbildungsberufe der StEB Köln kennenzulernen. Eingeladen waren 24 Mädchen aus Kölner Schulen, denen die Ausbilder der StEB Köln Fragen wie »Was passiert eigentlich mit unserem Abwasser?« und »Wie funktionieren ein Klärwerk und die Schmutzwasserreini- gung?« erläuterten. Abgerundet wurde das Programm durch einen Blick ins Mik- roskop, die Besichtigung eines Kamera-TV- Fahrzeugs, das Öffnen eines Kanaldeckels sowie das Einlassen und das Bedienen der TV-Kamera.