kompetenz wasser | Dezember 2025 | Mit Wasser planen Mit einem digitalen Planungswerkzeug erproben Berlin und Köln eine neue Planungskultur im Umgang mit Re- genwasser – ökologisch, datenbasiert und praxisnah. Eine Zusammenfassung. Regen war lange ein Problem, das schnell verschwinden sollte. Was vom Himmel fiel, wurde über Gullys und Kanäle rasch aus der Stadt gespült – möglichst reibungslos und vollständig. Dieses Denken gerät ins Wanken, denn der ökologische Preis ist hoch: Versiegelte Flächen verhindern Versickerung, der Grundwasserspiegel sinkt, Bäume vertrocknen. Zugleich fehlt in Hitzeperioden jeder Liter Wasser – und Starkregenereignisse überfordern vielerorts die Infrastruktur. Die Idee, Wasser dort zu halten, wo es fällt, ist nicht neu. Doch die Umsetzung ist alles andere als einfach, gerade in großen Städten. In urban verdichteten Quartieren, wo jeder Quadratmeter mehrfach genutzt wird, fehlt oft der Platz für klassische Rückhaltemaßnahmen. Das sogenannte Schwamm stadtPrinzip – also das gezielte Speichern, Versickern und Ver dunsten von Regenwasser im urbanen Raum – ist daher zwar ökologisch sinnvoll, aber planerisch herausfordernd. POTENZIALE ERKENNEN UND GEZIELT HANDELN Hier setzt das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt AMAREX an. Entwickelt wurde ein digitales Werkzeug, das Kommunen hilft, die Möglichkeiten einer dezentralen Re genwasserbewirtschaftung besser einzuschätzen: datenbasiert, lokal angepasst und in bestehende Prozesse einfach integrier bar. In engem Austausch mit den Städten Berlin und Köln, die als wachsende Millionenstädte die Flächenknappheit besonders deutlich spüren, wurden die Werkzeuge von Beginn an weiter entwickelt, Anforderungen konkretisiert und Anwendungssze narien gemeinsam erarbeitet. Im Mittelpunkt steht ein Webtool, das Wasserhaushaltsana lysen, räumliche Potenzialbewertung und Maßnahmenplanung zum Umgang mit Regenwasser miteinander verknüpft. Es erlaubt der kommunalen Planung, Regenwasserbewirtschaf tungsmaßnahmen und ihre Wirkungen auf Quartiersebene gezielt einzuschätzen. Die Wasserbilanzierung erfolgt dabei auf Bild linke Seite: J. Bauer / © Stadt Köln (2022) Blockteilflächen und Quartiersebene, also in einem detaillierten Maßstab, der praxisnahe Entscheidungen ermöglicht. Ziel ist es, Synergien zu erkennen und Maßnahmen gezielt dort einzusetzen, wo sie auf die drängendsten Probleme reagie ren: Trockenheit, Hitze, Starkregen – oder alles kombiniert. Die Potenzialkarten im Tool geben Hinweise auf geeig nete Flächen, auf technische und rechtliche Machbarkeit, auf Verschmutzungen des Regenwassers, Bodenarten und vorhandene Vegetation. Sie bilden damit die Grundlage, um Maßnahmen nicht nur zu planen, sondern auch umsetzungsnah zu priorisieren. Zentral für die Wirksamkeit ist die integrierte Wasser haushaltsbilanzierung, die unterschiedliche Maßnahmen im Hinblick auf Abfluss, Versickerung und Verdunstung bewertet. Statt punktueller Betrachtung einzelner Flächen entsteht so ein umfassendes Bild darüber, wie sich die Wasserbilanz im Quartier durch bestimmte Eingriffe verändert, um gezielt auf typische Problemlagen zu reagieren. Dabei geht es nicht um absolute Aussagen, sondern um die vergleichende Einschätzung von Wirkungsrichtungen und stärken im Kontext unterschiedlicher Problemstellungen: › Wo es etwa zu heiß wird, können Maßnahmen zur Erhöhung der Verdunstung helfen. › Wo Bäume vertrocknen, unterstützen gezielte Bewässe rungszisternen in Kombination mit einem angepassten Pflegekonzept. › Wo Gebäude und Keller überflutet werden, stehen hingegen kurzzeitige Rückhaltevolumen im Vordergrund. › Auch Maßnahmen zur Stärkung der Grundwasserneubildung lassen sich gezielt ansteuern – ein Aspekt, der angesichts zu nehmender Trockenheit immer wichtiger wird. Die Wasserhaushaltsbilanz fungiert damit als zentrales Bewertungskriterium: Sie macht sichtbar, welche Maßnahmen welche Effekte erzeugen – und erlaubt es, Prioritäten dort zu setzen, wo die Wirkung am größten ist. Auch Kombinatio nen verschiedener Maßnahmen lassen sich hinsichtlich ihrer Synergien untersuchen. So entsteht ein strategischer Mehrwert: Statt Einzelmaßnahmen nebeneinanderzustellen, wird ein integriertes Planungssystem möglich. 21